Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 16.06.1999; Aktenzeichen 45 Ca 1690/99) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Juni 1999 – 45 Ca 1690/99 – wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer mit Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 1998 aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Mai 1999 ausgesprochenen Änderungskündigung (Bl. 5/6 d.A.), die der Kläger unter dem Vorbehalt der „arbeitsgerichtlichen Überprüfung” (Bl. 7 d.A.) angenommen hat.
Der am … 1962 geborene, geschiedene und drei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtete Kläger steht seit September 1987 zu der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Versandarbeiter gegen eine monatliche Bruttovergütung von 5.043,– DM bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden in einem Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten, Landesbezirk B. (NGG). Die Beklagte ist mit Wirkung vom 28. Februar 1997 aus der Tarifgemeinschaft der Brauereien von B. und B. ausgetreten.
Die Tarifgemeinschaft der Brauereien in B. und B. und die NGG haben entsprechend einer Zusatzvereinbarung zum Manteltarifvertrag Berlin/Brandenburg vom 14. Oktober 1994 (MTV) mit Wirkung vom 1. Mai 1997 unter § 9 Abs. 1 Ziffer 1.2 die Vergütung bei durch unverschuldeter Krankheit verursachter Arbeitsunfähigkeit oder während eines vom Rentenversicherungsträger bewilligten Heilverfahrens oder bei Arbeitsunfällen neu geregelt (Bl. 27/28 d.A.).
Die beklagte Brauerei befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sie verringerte ihr Personal seit der Übernahme der Geschäftsanteile durch die Gesellschafter der Beklagten von der damaligen Treuhandanstalt im Jahre 1992 von etwa 151 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern auf derzeit 33 Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer, und zwar auf der Basis eines Sozialplanes vom 11. Mai 1993.
Die Beklagte erzielte 1995 Verluste von etwa 2.873.000,– DM, 1996 von etwa 3.133.000,– DM (Bl. 35 d.A.). Der 1997 erreichte Jahresüberschuß von 2.316. 496,46 DM beruhte auf einem Forderungsverzicht eines Gläubigers, wobei die Forderung bei künftigen Gewinnausschüttungen wieder befriedigt werden muß.
Die Beklagte ließ 1997 von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPWT Dr. B., Dr. K. & Kollegen GmbH ein Sanierungskonzept erstellen. Der Gewinn- und Verlustplan (Bl. 93 bis 95 d.A.) stellt dabei auf die vorgesehene finanzielle Entwicklung der Beklagten ohne Berücksichtigung der aufzuwendenden Beträge für laufende und neue Kredite im Rahmen des Sanierungskonzeptes ab.
Die Beklagte führte eine Sanierung ihres Betriebes durch Einsparungen in verschiedenen Bereichen durch. Bei den Personalkosten sah das Konzept im Vergleich zu 1996 im Jahr 1999 Kosteneinsparungen von 1.430.000,– DM vor. Die Beklagte stellte 1997 die eigene Abfüllung von Flaschenbier ein. Sie läßt seitdem das gebraute Bier durch die Brauerei D. abfüllen mit der Folge, daß die Auslieferung des Flaschenbiers nicht mehr durch die Beklagte erfolgt und der Fuhrpark weitgehend aufgelöst wurde. Die Beklagte verringerte in dem Zusammenhang ihr Personal um neun Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter. Sie löste in dem Zusammenhang das Labor stufenweise auf, was 1998 zu einer Personalkostenreduzierung von 80.000,– DM führte. Im Bereich der Energie- und Wasserkosten ergab sich durch Schließung der Flaschenabfüllanlage eine Einsparung von etwa 300.000,– DM, bei den Hilfs- und Betriebsstoffen, wie Heizöl und Benzin von 350.000,– DM, bei den Instandhaltungskosten von 30.000,– DM. Die Beklagte gestaltete die Vertriebsabteilung um, verringerte ihren Bereich Expedition/Außendienst und übertrug dem verbliebenen Personal neue Aufgaben.
Die Sozietät B. und Partner erarbeitete ein sog. Restrukturierungskonzept für die Jahre 1999 und 2000 (Bl. 96 bis 119 d.A.), das der Beklagten im November 1998 vorlag und eine Schlußbemerkung des Wirtschaftsprüfers, W., vom 11. Dezember 1998 enthält. Der Entwurf ist am 3. November 1998 mit der Geschäftsleitung der Beklagten erörtert und verabschiedet worden. Daraus ergab sich, daß sich die Umsatzerlöse entgegen dem Sanierungsplan der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPWT nicht realisiert hatten. Für 1998 blieb der Umsatzerlös in Höhe von 5 Mio. DM hinter den Erwartungen zurück. Trotz der Einsparungen ergab sich ein Jahresfehlbetrag für 1998 von 472.000,– DM. Der Bilanzverlust des Jahres 1997 von 1.567.918,– DM wirkte sich schließlich für das Jahr 1998 als Bilanzverlust von 2.010.733,– DM aus.
Die Beklagte erreichte Ende 1998 bei den Banken eine Tilgungsaussetzung, wobei die Banken eine Senkung der Personalkosten von monatlich ca. 170.000,– DM forderten und darauf verwiesen, daß im Bereich der Sonderz...