Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.11.1980; Aktenzeichen 1 Ca 371/80) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. November 1980 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 1 Ca 371/80 – wie folgt abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der 1929 geborene Kläger, der die j. Staatsangehörigkeit besitzt, trat am 1. Juli 1970 als Hilfsarbeiter in die Dienste der Beklagten, die in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Der Kläger, der zuletzt einen Stundenverdienst in Höhe von 10,25 DM erhielt, war in der Abteilung Rotation beschäftigt, wurde jedoch auch in der Abteilung Versand eingesetzt, deren Abteilungsleiter Herr M. ist.
Am 7. Mai 1980 erteilte die Beklagte dem Kläger unter Mitwirkung des Betriebsrates eine schriftliche Verwarnung, in der es heißt:
„Sie haben am 6.5.1980 Herrn H. beleidigt, in dem Sie zu ihm Worte auf j. gesagt haben, die in Deutschland eine klare Beleidigung darstellen.
Wir verwarnen Sie deshalb hiermit und behalten uns ausdrücklich vor, im Wiederholungsfalle eine fristlose Kündigung auszusprechen.”
Am 30. September 1980 war der Kläger als Beifahrer dem Bereich des Abteilungsleiters M. zugeteilt. Als dieser sich mit zwei anderen j. Mitarbeitern an der Rampe auf dem Hof über private Dinge unterhielt und dabei den Namen seiner Freundin K. erwähnte, kam der Kläger hinzu und mischte sich in das Gespräch mit der Bemerkung ein: „J. K.” (ich ficke deine K.). Daraufhin entfernte er sich wieder. Als der Kläger wieder zurückgekommen war, wies ihn der Abteilungsleiter daraufhin, daß das kein Spaß mehr sei und er so etwas unterlassen solle. Über den weiteren Inhalt des sich daran anschließenden Gespräches zwischen dem Kläger einerseits und dem Abteilungsleiter M. andererseits werden von den Parteien unterschiedliche Schilderungen abgegeben.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1980, das dem Kläger am selben Tage ausgehändigt wurde, kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag des Klägers fristlos hilfsweise fristgerecht, nachdem der Betriebsrat in einer außerordentlichen Betriebsratssitzung einer fristlosen Kündigung zugestimmt hatte.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 3. Oktober 1980 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, daß in seiner Person weder ein Grund für eine fristlose noch für eine fristgerechte Kündigung vorliege.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die mit Schreiben vom 1.10.1980 ausgesprochene außerordentliche Kündigung noch durch die mit gleichem Schreiben hilfsweise ausgesprochene Kündigung aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Abteilungsleiter M. habe den Kläger versucht, in ruhiger Form zurechtzuweisen, doch habe der Kläger ihm gegenüber erneut geäußert: „Ja ti jebem Koku sto kuta, jebemte u Oku, ti si lud i tisi Idiot” (das bedeutet: Ich ficke Deine Koka hundertmal, ich ficke Dein Auge, Du bist doof und Du bist ein Idiot). Darüber hinaus habe der Kläger weitere beleidigende Ausdrücke verwendet, und zwar „germanski swinija (deutsches Schwein) ja ti bijem ki kutche (ich werde dich schlagen wie einen Hund)”.
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 22. Oktober 1980 hat der Kläger zu Protokoll erklärt, daß vom Beklagtenvertreter ein Schriftstück über von ihm gebrauchte Schimpfworte vorgelegt worden sei. Er habe diese Worte in einer Notsituation verwendet, da er sich angegriffen gefühlt habe. Er habe sogar noch schwerwiegendere Ausdrücke verwendet, die nicht auf diesem Zettel stünden.
Später hat der Kläger bestritten, die im Schriftstück genannten Ausdrücke gegenüber dem Abteilungsleiter M. verwendet zu haben. Er habe lediglich geäußert: „Jebemti Koku”. Die fragliche Äußerung, so hat der Kläger behauptet, sei in J. geläufig. Zum anderen hätten die Ausdrücke lediglich die private Sphäre betroffen. Auch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Abteilungsleiter M. sonst nicht sein Vorgesetzter sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteier in der ersten Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 14. November 1980 verkündetes Urteil hat die Kammer 1 des Arbeitsgerichts Berlin dem Klagebegehren stattgegeben und den Wert des Streitgegenstandes auf 5.400,– DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung verwiesen.
Gegen das ihren Prozeßbevollmächtigten am 11. Dezember 1980 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 10. Januar 1981 eingegangene Berufung der Beklagten, die sie mit weiteren, beim Rechtsmittelgericht am 9. Februar 1981 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, daß die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung gerecht...