Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Anspruch auf Gleichbehandlung bei fehlerhafter Berechnung von nachzuzahlenden Entgeltbeträgen.

 

Normenkette

GG Art. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 31.05.2002; Aktenzeichen 74 Ca 36703/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. Mai 2002 – 74 Ca 36703/01 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist eine Nachfolgegesellschaft der T.. Seit 1992 privatisiert sie land- und forstwirtschaftliche Flächen in den neuen Bundesländern. Sie beschäftigt sowohl Mitarbeiter aus den alten als auch aus den neuen Bundesländern. Der Kläger, der vorher seinen Wohnsitz in den alten Bundesländern hatte, ist auf Grundlage eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 08. März 1994 bei ihr seit dem 01. März 1994 als Angestellter tätig. Auf den Inhalt des Anstellungsvertrages (Bl. 57 bis 60 d.A.) wird Bezug genommen. Der Kläger ist Vater zweier in den Jahren 1995 und 1997 geborener Kinder.

Zur Vereinheitlichung ihrer Vergütungsstrukturen schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat am 15. Januar 1996 eine „Betriebsvereinbarung über Vergütungsgruppensystem, Eingruppierung und Gehälter” ab (Bl. 14 bis 22 d.A.). Aufgrund dieser Betriebsvereinbarung erhielten Arbeitnehmer aus den alten Bundesländern eine höhere Vergütung als Arbeitnehmer aus den neuen Bundesländern. Außerdem bestand bei der Beklagten eine „Betriebsvereinbarung über freiwillige soziale Leistungen” vom 10. November 1995 (Bl. 7 bis 13 d.A.). In Ziffer 2.4 dieser Betriebsvereinbarung ist die Zahlung eines Kinderzuschlages an Arbeitnehmer, deren ständiger Wohnsitz am 02. Oktober 1990 in den neuen Bundesländern oder in Ost-Berlin gelegen hatte, geregelt (Bl. 10 d.A.). Absatz 2 dieser Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

„Kinderzuschlag und Gehalt dürfen zusammen nicht das entsprechende Westgehalt übersteigen, so dass der Kinderzuschlag entsprechend der Angleichung der Ostgehälter an die Westgehälter gekürzt wird und bei vollständiger Angleichung entfällt.”

Die Beklagte zahlte den Kinderzuschlag an die Arbeitnehmer aus den neuen Bundesländern, ohne die in diesem Absatz vorgesehene Obergrenze zu beachten, aus.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 15. Mai 2001 – 1 AZR 672/00 – die Differenzierung der Vergütung nach dem Wohnsitz für unzulässig gehalten, da der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei. Die betroffenen Arbeitnehmer erhielten in der Folgezeit eine Nachzahlung.

Der Kläger, der bereits mit Schreiben vom 22. November 1999 (Bl. 75 d.A.) sowie mit weiterem Schreiben vom 19. April 2000 (Bl. 77 d.A.) die Zahlung eines Kindergeldes beansprucht hatte, begehrt im vorliegenden Verfahren weiterhin die Zahlung dieses Zuschlages.

Von der Darstellung des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 113 bis 116 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Durch Urteil vom 31. Mai 2002 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.057,53 EUR brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. Januar 2002 zu zahlen. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (Bl. 113 bis 120 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 26. August 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. September 2002 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. November 2002 am 12. November 2002 begründet hat.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Ausschlussfrist in Nr. 10 des Arbeitsvertrages wirksam sei, sie sei nicht sittenwidrig. Die Ausschlussfrist treffe sowohl den Arbeitnehmer als auch sie, die Beklagte.

Für den Zeitraum vom 01. Januar bis 28. Februar 1999 bestehe keine Anspruchsgrundlage. Für die Monate Februar und März 1999 bestehe keine Ungleichbehandlung. Wegen des Urteils des Bundesarbeitsgerichts sei ab März 1999 die Differenz zwischen dem Ost- und Westgehalt nachgezahlt worden. Zu berücksichtigen sei weiter, dass sie, der bei ihr gebildete Betriebsrat und der Kläger des Musterprozesses, der zur Entscheidung des BAG geführt habe, sich nicht hätten darüber verständigen können, wie das Vergleichsgehalt West richtigerweise zu berechnen gewesen wäre. Sie habe die Höchstbegrenzungsklausel in der Betriebsvereinbarung vom 10. November 1995 nicht zur Anwendung gebracht, denn es habe damals nicht festgestanden, dass sie anzuwenden sei. Hierbei sei sie von ihrer Berechnungsmethode ausgegangen. Sie habe nicht vorhersehen können, dass sich das BAG ihrer Auffassung über das Bezugsgehalt West nicht anschließen werde. Sie habe keine Sondervergütung an ihre „Ost-Mitarbeiter” geleistet, sondern nur das, was nach ihrer Auffassung als Anspruch aus der Betriebsvereinbarung ihnen zugestanden habe. Die Ausschlussfrist sei zweiseitig. Bei der Verrechnung des Kinderzusc...

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