Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsmitglied. Versetzung. Wechselschichtzulage
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber darf ein einschlägig abgemahntes Betriebsratsmitglied, das außerhalb seiner Arbeitszeit im Betrieb erscheint und Mitarbeiter über eine Stunde lang in Gespräche verwickelt und dadurch von der Arbeit abhält mit der Folge entsprechender Beschwerden in eine andere Abteilung versetzen, auch wenn es dort nur noch in Tagesschicht beschäftigt werden kann und deshalb über 500,– EUR brutto monatlich an Zulagen verliert.
Normenkette
GewO § 106 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 07.04.2004; Aktenzeichen 44 Ca 29048/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.04.2004 – 44 Ca 29048/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger steht seit dem 01. Mai 1987 als Produktionshandwerker in den Diensten der Beklagten. Er verdiente zuletzt in Wechselschicht rund 4.060,– EUR brutto im Monat.
Mit drei Schreiben vom 10. August 2001 (Ablichtung Bl. 44 – 49 d.A.) mahnte die Beklagte den Kläger wegen eigenmächtiger Arbeitsunterbrechung, Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen und Störung des Betriebsfriedens ab. Nach Einholung der Zustimmung des Betriebsrats, dem der Kläger angehört, versetzte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 18. August 2003 (Ablichtung Bl. 6 – 8 d.A.) wegen Störung des Betriebsfriedens ab 01. Oktober 2003 in eine andere Abteilung. Da der Kläger dort nur in der Normalschicht beschäftigt wird, bezieht er seitdem nur noch Lohn in Höhe von 3.530,– EUR brutto monatlich und erhält keine Schichtfreitage mehr.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die auf Rückgängigmachung der Versetzungsanweisung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitsvertrag des Klägers vom 31. Juli 1987 (Ablichtung Bl. 16 f d.A.) enthalte einen ausdrücklichen Versetzungsvorbehalt. Die Versetzung des Klägers sei auch nicht unbillig gewesen. Der Kläger habe nicht bestritten, dass sich seine jeweiligen Vorgesetzten über ihn beschwert hätten. Auch die Tatsache, dass der Kläger an einem Sonntag, obwohl nicht eingeteilt, im Betrieb der Beklagten erschienen sei, um zu überprüfen, ob die Einteilung der Mitarbeiter ordnungsgemäß vor sich gehe, deute darauf hin, dass er von einem ihm nicht zustehenden Überwachungsrecht ausgehe. Ein solches Verhalten sei geeignet, zu Spannungen im Betrieb zu führen. Durch seine Versetzung werde der Kläger nicht von anderen Belegschaftsmitgliedern isoliert und demzufolge nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Bei seiner Umsetzung von der Wechselschicht in die Tagesschicht habe es sich nicht um eine Lohnminderung gehandelt.
Gegen dieses ihm am 03. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Mai 2004 eingelegte und am 22. Juni 2004 begründete Berufung des Klägers. Er meint, eine Herausnahme aus dem Schichtdienst sei nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu rechtfertigen. Wegen seiner angeblich beanstandenswerten Führung wäre es der Beklagten zumutbar gewesen, ihn unter Beibehaltung der Tätigkeit im Schichtdienst in einen anderen Bereich zu versetzen. Als Betriebsrat sei er zudem berechtigt gewesen, auch außerhalb seines Dienstes den Betrieb zu betreten, wenn ihm Unstimmigkeiten bekannt geworden seien. Im Übrigen seien Zuschläge bei der Versetzung von Betriebsratsmitgliedern ohnehin weiter zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass er über den 30. September 2003 hinaus im Bereich Technischer Service/MTA als Produktionshandwerker für die Störungsbeseitigung der Anlagen zu beschäftigen sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet, die Konflikte in den verschiedenen Abteilungen hätten jeweils mit Einsatz des Klägers begonnen. Es habe für den Kläger keinen konkreten Grund gegeben, am Morgen des 29. Juni 2003 im Betrieb zu erscheinen. Die Mitarbeiter hätten sich durch seine immer neuen Fragen nicht betriebsrätlich unterstützt, sondern agitiert und bedrängt gefühlt. Im ersten Halbjahr 2003 hätten sich bereits mindestens fünf Mitarbeiter gegenüber ihren Vorgesetzten dahingehend geäußert, dass der Kläger sie mit negativer Stimmungsmache von der Arbeit abhalte. Für einen anderweitigen Einsatz im Schichtdienst gebe es keine geeignete Vakanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist unbegründet.
1.1 Der zulässigerweise gemäß §§ 264 Nr. 2, 525 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auf Feststellung eines Teils des Arbeitsverhältnisses der Parteien umgestellte Antrag des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
1.2 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschäftigung im bisherigen Bereich über den 30.September 2003 hinaus. Vielmehr hat ihn die Beklagte mit Schreiben vom 18. August 2003 wirksam in ...