Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.10.1990; Aktenzeichen 19 Ca 32/90) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Oktober 1990 – 19 Ca 32/90 – abgeändert:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 950,63 DM brutto – neunhundertfünfzig 63/100 – nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 16. März 1990 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreit hat die Beklagte zu zahlen.
Tatbestand
Die der Gewerkschaft ÖTV angehörende Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung von Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in Anspruch.
Sie ist im Bereich des Bezirksamtes T. als Erzieherin in einer Kindertagesstätte für das beklagte Land tätig. Im Zeitraum vom 13. bis zum 15. Dezember 1989 nahm sie an einem auf diese Zeit beschränkten Streik teil und arbeitete danach wieder bis zum 14. Januar 1990. An dem vom 15. Januar bis zum 27. März 1990 andauernden Streik in den Berliner Kindertagesstätten beteiligte sie sich zunächst vom 15. bis zum 21. Januar 1990. Vom 22. bis zum 28. Januar 1990 befand sie sich in Erholungsurlaub. Anschließend nahm sie bis zum 27. Februar 1990 wieder am Streik teil und hatte dann von 28. Februar bis zum 11. März 1990 erneut Urlaub. Am 12. März 1990 begann die bis zu 31. März 1990 laufende Schutzfrist gemäß § 3 Abs. 2 MuSchG, für die das Land die Zahlung des Zuschusses mit der Begründung verweigerte, die Klägerin hätte sich bis zum 27. März 1990 am Streik beteiligt, wenn sie nicht infolge des Mutterschutzes als Arbeitskraft ausgefallen wäre.
Nach erfolgter außergerichtlicher Korrespondenz verfolgt die Klägerin ihren unstreitig jedenfalls den Klagebetrag erreichenden Zahlungsanspruch mit der vorliegenden Klage weiter. Sie hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land wäre zur Zahlung des nach der Bezugsmethode und nicht dem Lohnausfallsprinzip zu berechnenden Zuschisses verpflichtet gewesen. Zudem wäre eine etwaige Streikteilnahme für ihre fehlende Arbeitsleistung auch nicht ursächlich gewesen, da sie während der Schutzfrist zu weiterer Arbeitsleistung nicht verpflichtet gewesen wäre.
Sie hat beantragt,
den Beklagte zu verurteilen, an sie 950,63 DM nebst 4% Zinsen seit dem 18. März 1990 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Ansicht vertreten, infolge der Streikteilnahme der Klägerin wäre deren Vergütungsanspruch suspendiert gewesen, so daß sie auch einen Anspruch auf die von ihr begehrte Lohnersatzleistung nicht besäße.
Mit am 4. Oktober 1990 verkündetem Urteil hat das Arbeitsgericht Berlin – 19 Ca 32/00 – die Klage abgewiesen.
Es hat dies im wesentlichen damit begründet, daß dem begehrten Zuschuß Lohnersatzcharakter zukomme, so daß im Falle alternativer Streikteilnahme – wie vorliegend anzunehmen sei – ein Zahlungsanspruch ausscheide. Gegen diese ihr am 22. November 1990 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit einem am 20. Dezember 1990 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 18. Januar 1991 begründet.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für unzutreffend; denn es lägen keinerlei Tatsachen vor, aus denen auf eine alternative Streikteilnahme der Klägerin hätte geschlossen werden können, die sich – wie auch ihr Schreiben vom 5. März 1990 (Bl. 55 R. d.A.) deutlich mache – während des Anspruchszeitraums nicht am Streik beteiligt hätte.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 850,63 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. März 1990 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es schließt sich den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil an und verweist darauf, daß ein Anspruch auf Zahlung des begehrten Zuschusses im Arbeitskampf entfalle. Dementsprechend könne die angesichts ihrer vorherigen Streikteilnahme und der Gewerkschaftsmitgliedschaft potentiell auch während des Anspruchszeitraums streikende Klägerin die begehrte Zahlung nicht verlangen.
Entscheidungsgründe
Die an sich statthafte, nach dem Beschwerdewert zulässige sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 8 Abs. 2, 64 Absätze 1, 2 und 6, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit den §§ 518, 519 ZPO) ist begründet; der Klägerin steht der von ihr begehrte Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu.
I.
1. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erhalten Frauen, die einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben, für die Zeit der Schutzfrist unter anderem des § 3 Abs. 2 MuSchG sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß in Höhe des. Unterschiedsbetrages zwischen 25,– DM und ihrem nach näherer Maßgabe der Sätze 2 und 3 der Norm zu berechnenden um die gesetzlichen Abzüge gekürzten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt.
2. Diesen Anforderungen ist im Streitfall genügt, wobei dahinstehen kann, ob es sich bei diesem Zuschuß um eine öffentlich-rechtliche Unterhaltsleistung (vgl. dazu LAG Baden-Württemberg NZA 1986 Seite 198; LAG Hamm, Betriebsberater 1986 Seite 98 [Leitsatz] = NZA 1986 S...