Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe das Streitswerts, wenn neben einem Antrag nach § 4 KSchG ein allgemeiner Feststellungsantrag gestellt wird

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Höhe des Streitwerts, wenn neben einem Antrag nach § 4 KSchG ein allgemeiner Feststellungsantrag gestellt wird.

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 14.02.2000 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt DM 255,20.

 

Gründe

I

Die Klägerin beantragte mit der am 20.04.1999 beim Arbeitsgericht Bremerhaven eingegangenen Klage,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 31.03.1999 nicht aufgelöst wurde,
  2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen,
  3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungsgründe endet, sondern über den 30.06.1999 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Zur Begründung des Klagantrags zu 3. führte die Klägerin folgendes aus:

„Im Hinblick auf die Entscheidungen des BAG (NZA 1994, 812; 860) wird klargestellt, dass der Klagantrag auch eine selbständige allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO enthält. Der Klägerin sind derzeit keine anderen Beendigungstatbestände außer der streitgegenständlichen Kündigung bekannt. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte im Verlaufe des Verfahrens weitere Kündigungen ausspricht. Der vorliegende Klagantrag ist zur Absicherung der Klägerin und aus haftungsrechtlichen Gründen erforderlich.”

Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert auf DM 8.000,00 fest, nachdem zuvor widersprüchliche Ausführungen zur beabsichtigten Streitwertfestsetzung von den beiden Vorsitzenden des Arbeitsgerichts Bremerhaven gemacht wurden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten.

II

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Maßgeblich für die Festsetzung der Höhe des Streitwertes im vorliegenden Fall sind die §§ 8 und 10 BRAGO. Da die Klägerin mehrere Anträge gestellt hat, gilt im Grundsatz § 5 ZPO. Der Wert der einzelnen Anträge ist zusammenzurechnen. Nach allgemein vertretener Auffassung werden indessen Anträge bei wirtschaftlicher Identität oder Teilidentität nicht oder nur teilweise zusammengerechnet (vgl. Thomas-Putzo ZPO 13. Aufl. § 6 Anm 3 c aa + bb; Zöller-Schneider ZPO 20. Aufl. § 5 Anm. 8; Stein-Jonas-Pohle ZPO 20. Aufl. § 5 Anm. 6; Hillach/Rohs Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 6. Aufl. § 13 A). Diesen Grundsätzen folgt das Landesarbeitsgericht Bremen seit nahezu zwei Jahrzehnten in ständiger Rechtsprechung und hat deshalb u. a. stets die Streitwerte eines gegen eine Kündigung gerichteten Feststellungsantrags und einer Leistungsklage, die sich auf den gleichen Zeitraum bezieht, der vom Streitwert des Feststellungsantrags wirtschaftlich mit umfasst wird, nicht gemäß § 5 ZPO zusammengerechnet (vgl. LAG Bremen EzA § 61 ArbG 1979 Nr. 9; LAG Bremen LAGE § 12 ArbG 1979 Nr. 80; LAG Bremen Beschl. v. 14.01.1999 – 2 Ta 84/98).

Im Verhältnis Kündigungsschutzantrag und Leistungsantrag wäre einem Feststellungsantrag über das zugrundeliegende Rechtsverhältnis wirtschaftliche Selbständigkeit nur dann beizumessen, wenn der damit verbundene Leistungsantrag im Wert hinter dem Feststellungsantrag zurückbleibt. Dann ist der nicht abgedeckte Teil des Feststellungsantrags dem Leistungsantrag hinzuzurechnen (vgl. Stein-Jonas-Pohle a.a.O.).

Im Verhältnis eines Antrags nach § 4 KSchG zu einem allgemeinen Feststellungsantrag, der auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den durch die Kündigung angestrebten Beendigungszeitpunkt hinaus gerichtet ist, kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 16.03.1994 (vgl. EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 49) hat auch ein neben einem üblichen Antrag nach § 4 KSchG gesondert formulierter allgemeiner Feststellungsantrag nur dann selbständige Bedeutung, wenn sich aus der weiteren Begründung der Klage eindeutig ergibt, dass der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über den reinen Klageantrag nach § 4 KSchG hinaus festgestellt wissen möchte. Geht der Kläger in der Klagebegründung nur auf die Unwirksamkeit der angegriffenen Kündigung ein und trägt er nicht substantiiert vor, dass tatsächlich mit weiteren Beendigungstatbeständen im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens zu rechnen ist, so hat er damit deutlich gemacht, dass er keine Streitgegenstandserweiterung über den Klagantrag des § 4 KSchG hinaus beabsichtigt (vgl. LAG Hessen LAGE § 4 KSchG Nr. 25; LAG Thüringen LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 106; LAG Bremen Beschl. v. 14.01.1999 – 2 Ta 84/98). Nach dieser Rechtsprechung hat der Feststellungsantrag vorliegend keine selbständige Bedeutung. Die Begründung ist unsubstantiiert im Hinblick au...

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