Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. nachträgliche Zulassung. Prüfungsumfang. Verspätungsfrage. Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Prüfungsgegenstand des Verfahrens über die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG ist nur die Frage des Verschuldens – nicht auch die der Verspätung (entgegen BAG v. 28.04.1983- 2 AZR 436/81 – und BAG v. 05.04.1984 – 2 AZR 67/83).
2. Nach der ZPO- Novelle vom 27.07.2001 ist nunmehr aufgrund der auch auf das Verfahren nach § 5 KSchG anwendbaren §§ 78 S. 2, 72 Abs, 2 Abs. 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht statthaft.
Normenkette
KSchG § 5 Abs. 1; ArbGG § 78 S. 2, § 72 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Beschluss vom 16.04.2002; Aktenzeichen 1 Ca 687/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 16.04.2002 – 1 Ca 687/02 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 7.800,–EUR EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von Seiten der Beklagten mit Schreiben vom 25.01.2002 ausgesprochen ordentlichen Kündigung.
Der Kläger ist seit dem 01.04.1972 bei der Beklagten – zuletzt als Leiter der Retourenabteilung – beschäftigt.
Mit der am 20.02.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die zum 31.08.2002 ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 25.01.2002.
Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger vom Personalreferenten der Beklagten, dem Zeugen K., persönlich übergeben worden. Der Tag der Übergabe des Kündigungsschreibens ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger hat behauptet, dass ihm die Kündigung am 05.02.2002 ausgehändigt worden sei.
Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.03.2002, bei Gericht eingegangen am 05.03.2002, dem Klägervertreter zugestellt am 07.03.2002, behauptet hat, dass die Kündigung dem Kläger bereits am 29.01.2002 übergeben worden sei, hat der Kläger mit einem am 20.03.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vorsorglich beantragt, die Kündigungsschutzklage vom 21.02.2002 (gemeint wohl: 20.02.2002) gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. Zur Begründung dieses Antrages hat er behauptet, unmittelbar nach dem Öffnen des ihm übergebenen Umschlages und der Feststellung, dass er ein Kündigungsschreiben enthielt, sich zum Betriebsratsvorsitzenden begeben zu haben, der ihn um Aushändigung des Kündigungsschreibens gebeten und erklärt habe, sich mit der Personalabteilung und der Geschäftsführung der Beklagten in Verbindung zu setzen. Mit Schreiben vom 07.02.2002 hat sich der Betriebsrat sodann an die Personalabteilung gewandt. Am 19.02. habe er das Kündigungsschreiben vom Betriebsratsvorsitzenden zurückerhalten mit der Aufforderung noch diese Woche gerichtliche Schritte einzuleiten.
Die Beklagte hat behauptet, dass nach vorausgegangener Betriebsratsanhörung Ende Dezember 2001, Anfang Januar 2002 ein erstes Gespräch mit dem Kläger über die beabsichtigte Kündigung, die Regelungen des Sozialplanes und die Modalitäten des Ausscheidens zwischen dem 17. und 22.01.2002, wohl am 18.01.2002 stattgefunden habe. Ein zweites Gespräch habe am 23.01.2002 stattgefunden. Bei dem dritten Gespräch vom 29.01.2002, sei dem Kläger das Kündigungsschreiben übergeben worden.
Bezüglich der streitigen Frage des Zugangszeitpunkts fand im Kammertermin vom 16.04.2002 eine Beweisaufnahme statt, bei der die Zeugen K. und A. vernommen wurden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 45 bis 48 der Akte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 16.04.2002, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger keine Umstände dargetan habe, die ihn gehindert hätten, fristgerecht Klage zu erheben. Dabei hat das Arbeitsgericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme vom 16.04.2002 den 29.01.2002 als (bewiesenen) Zugangszeitpunkt zugrundegelegt.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 26.04.2002 zugestellt worden. Mit der am 08.05.2002/10.05.2002 beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen sofortigen Beschwerde verweist der Kläger darauf, dass die Aussage des Zeugen K. unrichtig sei, da das Gespräch mit Kündigungsübergabe nicht am 29.01.2002 sondern am 30.01.2002 stattgefunden habe. Im Übrigen sei die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, da der Kläger, als er das Kündigungsschreiben vom Betriebsratsvorsitzenden zurückerhalten habe, einem nicht vermeidbaren Irrtum unterlegen sei. Bei der nachträglichen Rekonstruktion der verschiedenen geführten Gespräche sei er zu der festen Erkenntnis gekommen, dass die Übergabe des Kündigungsschreibens am 05.02. stattgefunden haben müsse. Er habe sich insoweit vollumfänglich auf seine eigene Gedankenleistung verlassen. Soweit dies im Hinblick auf die verschiedenen Gespräche zwischen ihm und dem Persona...