Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Lehrkräfte durch „Vorgriffsstunden”

 

Leitsatz (amtlich)

Sachverhalt: § 4 VO zu § 5 SchFG NRW erhöht die von Lehrkräften an Gesamtschulen zu leistende Pflichtstundenzahl für die Schuljahre 98/99 bis 03/04 um wöchentlich eine Stunde und ermäßigt die Pflichtstundenzahl ab dem Schuljahr 08/09 im Umfang der von den Lehrkräften geleisteten erhöhten Pflichtstunden („Vorgriffsstunden”). Die Klägerin, die von August 98 bis Juli 01 116 „Vorgriffsstunden” leistete und zum 31.07.01 das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land beendete, verlangt mit der Klage die Abgeltung der Stunden. Die Klage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Leitsatz: Eine Lehrkraft, die vorzeitig (vor dem Schuljahr 08/09) aus dem Anstellungsverhältnis ausscheidet, hat keinen Anspruch auf Vergütung für nach § 4 VO zu § 5 SchFG NRW geleistete „Vorgriffsstunden” (im Anschluss an BAG, Urteil vom 23.05.01, 5 AZR 545/99, AP Nr. 286 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = ZMV 01, 196 = NZA 01, 1259). Insoweit enthält § 4 VO keine sachwidrige Ungleichbehandlung (entgegen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.10.98, ESVGH 49, 81 = ZBR 99, 233).

 

Normenkette

BGB § 611; Schulfinanzgesetz NRW § 5; § 4 der Verordnung zur Ausführung des § 5 SchFG

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 4 Ca 7437/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.12.2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für bis dahin geleistete „Vorgriffsstunden” eine Vergütung zusteht.

Die am 15.09.1958 geborene Klägerin trat zum 18.08.1997 als Lehrkraft in die Dienste des beklagten Landes. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 01.08.1997 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT). Zur Arbeitszeit heißt es in § 6 des Vertrages wörtlich:

㤠6

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich gem. Nr. 3 der Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I) nach § 78 Landesbeamtengesetz (LBG). Für die Zahl der zu erteilenden wöchentlichen Pflichtstunden gilt die Verordnung zur Ausführung des § 5 Schulfinanzgesetz (VO zu § 5 SchFG). Z.Z. sind demnach wöchentlich 24,5 Pflichtstunden zu leisten.”

Mit Verordnung zur Ausführung des § 5 Schulfinanzgesetz vom 22.05.1997 (GVBl. NW S. 88) hatte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes N. die wöchentliche Pflichtstundenzahl der Lehrerinnen und Lehrer an Gesamtschulen von 23,5 auf 24,5 heraufgesetzt. § 4 der Verordnung bestimmt weiter:

„Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden nach § 3 erhöht sich für Lehrerinnen und Lehrer, die vor Beginn des jeweiligen Schuljahres das 30. Lebensjahr vollendet, aber das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorübergehend für einen Zeitraum von bis zu sechs Schuljahren um eine Stunde, und zwar

  1. an Grundschulen, Berufsschulen, Berufsfachschulen, Fachschulen, Fachoberschulen und Kollegschulen in den Schuljahren 1997/98 bis 2002/03,
  2. an Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs und Studienkollegs für ausländische Studierende in den Schuljahren 1999/2000 bis 2004/05,
  3. an den übrigen Schulen in den Schuljahren 1998/99 bis 2003/04.

Für Lehrerinnen und Lehrer, die auf der Grundlage des Satzes 1 zur Leistung einer zusätzlichen Pflichtstunde verpflichtet waren, ermäßigt sich die Pflichtstundenzahl nach § 3 ab dem Schuljahr 2008/09 jeweils für einen entsprechenden Zeitraum um eine Stunde.”

Die Klägerin wurde als Lehrkraft an die Gesamtschule H. eingesetzt. Sie hatte dort ab dem Schuljahr 1998/99 wöchentlich 25,5 Pflichtstunden (24,5 Stunden zzgl. 1 „Vorgriffsstunde”) zu leisten. Im Zeitraum von August 1998 bis Juli 2001 fielen so insgesamt 116 „Vorgriffsstunden” an.

Nachdem die Klägerin im Rahmen des „Länderaustauschverfahrens” ihre Versetzung in das Land B. betrieben hatte, lösten die Parteien das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2001 auf. Die Klägerin ist seither als Lehrerin in B. tätig. Sie erhält dort für die in N. geleisteten „Vorgriffsstunden” keinen Ausgleich.

Mit der am 11.10.2001 erhobenen Klage hat die Klägerin die Vergütung der geleisteten „Vorgriffsstunden” verlangt und – unter Zugrundelegung eines aus Grundvergütung, Ortszuschlag, allgemeiner Zulage einerseits und der Pflichtstundenzahl von 24,5 andererseits ermittelten Stundensatzes den Zahlungsanspruch auf insgesamt EUR 3.245,32 (= DM 6.347,30) beziffert. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie durch die „Vorgriffsstunden” eine höhere als nach dem Arbeitsvertrag erwartete Arbeitsleistung erbracht habe. Daher seien die geleisteten „Vorgriffsstunden” zusätzlich zu vergüten, weil sie, die Klägerin, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in den Genuss der Stundenermäßigung ab dem Schuljahr 2008/09 kommen werde. Aus der vom Verordnungsgeber festgesetzten Pflichtstundenzahl von wöchentlich 24,5 Stunden folge zwingend, dass die zusätzlich angeordnete...

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