Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine übertarifliche Zulage
Orientierungssatz
1. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG entfällt, wenn ein Arbeitgeber einen prozentualen Teil einer Tariflohnerhöhung bei allen Arbeitnehmern gleichmäßig anrechnen will und damit jede einzelne Zulage um den ermittelten Prozentsatz kürzt. In gleicher Weise entfällt ein Mitbestimmungsrecht, wenn dem Arbeitgeber aufgrund seiner Kürzungsentscheidung jede weitere Gestaltungsmöglichkeit fehlt, weil er mehr als die Tariflohnerhöhung nicht anrechnen kann.
2. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 1 AZR 583/00.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 25.01.2000 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt gewesen ist, ohne Zustimmung des Betriebsrates die Tariflohnerhöhung, die sich aus der Erhöhung der an den Kläger gezahlten Prämienzulage ergibt, auf die dem Kläger gezahlte weitere übertarifliche Zulage anzurechnen.
Der Kläger, auf dessen Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung finden, erhält unstreitig einen Tariflohn der Gruppe 7 - in den Lohnabrechnungen als "Zeitlohnstammlohn" ausgewiesen und einen in den Lohnabrechnungen weiterhin als "Zeitlohn" ausgewiesenen Betrag von 5,18 DM. Unstreitig hat der Kläger weiterhin Anspruch auf eine 16 %ige Leistungszulage, da bei der Beklagten keine Leistungsbeurteilung durchgeführt wurde.
Der hier nachzuzahlende Betrag war in dem Betrag "Zeitlohn" über 5,18 DM enthalten, der danach verbleibende Restbetrag stellt eine übertarifliche Zulage dar.
Anlässlich der zum 01.04.1998 durchgeführten Tariflohnerhöhung erhöhte die Beklagte den tariflichen Stundenlohn und damit den Effektivlohn des Klägers um den Betrag, der sich aus der Erhöhung des tariflichen Grundlohnes ergab. Dagegen wurde der Betrag, der sich aus der Erhöhung der Leistungszulage ergeben hätte, nicht weitergegeben und die übertarifliche Zulage um diesen Betrag gekürzt, wobei unverändert als "Zeitlohn" weiterhin ein Betrag von 5,18 DM ausgewiesen wurde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage des Klägers auf Erhöhung seines Effektivlohnes um den ermittelten Betrag mit der Begründung abgewiesen, die Lohntarifansprüche des
Klägers würden von der Beklagten erfüllt.
Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Klageziel weiter. Er weist insbesondere darauf hin, dass vorliegend zwar eine gleichmäßige, aber nicht vollständige Anrechnung auf die übertarifliche Zulage stattgefunden habe, so dass zugleich eine Änderung der Verteilungsgrundsätze eingetreten sei und damit auch eine andere Anrechnungsentscheidung ohne weiteres möglich gewesen wäre. So habe das Kürzungsvolumen insgesamt bestehen bleiben können und diejenigen Mitarbeiter, die hohe übertarifliche Zulagen hätten, könnten überproportional, diejenigen mit niedrigen tariflichen Zulagen unterproportional berücksichtigt werden.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom
25.01.2000,
1. die Beklagte zu verurteilten, an den Kläger DM 453,48 brutto nebst
4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab Dezember 1998 einen
Stundenlohn von DM 25,37 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil erster Instanz und weist insbesondere darauf hin, dass vorliegend gerade keine Änderung der Verteilungsgrundsätze durch die von der Beklagten vorgenommene Anrechnungsentscheidung eingetreten sei.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
I.
Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
II.
Ergänzend hierzu und zu den Einwänden der Berufung ist festzustellen:
1. Entgegen der Auffassung der Berufung war die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung des Betrages, der sich aus der Höhe der Leistungszulage ergeben hätte, auf die übertarifliche Zulage und die dadurch bewirkte Kürzung nicht nach der Regelung in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
a) Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer unabhängig von der Frage, ob vorliegend das tarifliche Grundgehalt sowie die Leistungszulage verschiedene Entlohnungsgrundsätze i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG darstellen, die auch hinsichtlich des Mitbestimmungsrechtes bezüglich der Anrechnung getrennt zu betrachten sind (vgl. nachfolgend c), bereits aus der Entscheidung des großen Senats vom 03.12.1991 (AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 72 Lohngestaltung zu C III 6 der Gründe): Danach unterliegt nicht die Kürzungsentschei...