Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Sozialauswahl
Leitsatz (amtlich)
Die zugunsten des älteren und länger beschäftigten Arbeitnehmers getroffene Sozialauswahl kann nicht deshalb als fehlerhaft beanstandet werden, weil diesen Arbeitnehmer aufgrund seiner Rentennähe eine Arbeitslosigkeit weniger hart träfe als einen Arbeitskollegen, der, weil jünger, vom Erreichen der Altersgrenze noch weiter entfernt ist.
Normenkette
ArbGG § 66; ZPO §§ 511, 517, 520; KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 06.08.2003; Aktenzeichen 3 Ca 1969/03) |
Tenor
Unter Abänderung desUrteils des Arbeitsgerichts Wuppertal vom06.08.2003 wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der Kläger, am 17.02.1954 geboren, verheiratet, ist seit dem 15.02.1982 als Elektriker bei der Beklagten beschäftigt. Der Monatsverdienst des Klägers belief sich in Anlehnung an Lohngruppe 09 zuletzt auf Euro 2.609,01 brutto.
Die Beklagte, ein in X. ansässiges Unternehmen, befasst sich mit der Herstellung von Werkzeugmaschinen und dem Getriebebau. Im Frühjahr 2003 beschäftigte sie noch über 200 Mitarbeiter. Der Kläger war in der Abteilung ‚Elektroinstallation und Montage’ beschäftigt. Die Abteilung wird von dem Meister H. geleitet und gliedert sich in die Bereiche ‚Inbetriebnahme’ und ‚Installation’. Während in der ‚Inbetriebnahme’ die Elektriker A., N. und Q. eingesetzt waren, war der Kläger in der ‚Installation’ tätig. In diesem Bereich war ganz überwiegend auch der Mitarbeiter H. (geboren 26.09.1941, seit 01.02.1960 bei der Beklagten, schwerbehindert – GdB 50) beschäftigt. Außerdem setzte die Beklagten in der Abteilung den Mitarbeiter C. in unmittelbarem Anschluss an seine Ausbildung zum Mechatroniker mit einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag ab Februar 2003 ein.
Im Frühjahr 2003 entschloss sich die Beklagte – angesichts von Verlusten in den Vorjahren und eines erheblichen Auftragsrückgang – dazu, unter teilweiser Einschränkung der Eigenfertigung zu Gunsten der Fremdvergabe von Arbeiten ihre Belegschaft um 48 Arbeitnehmer zu reduzieren. Am 21.03.2003 schlossen die Betriebspartner einen Interessenausgleich, am 27.03.2003 einen Sozialplan.
Am 21.03.2003 hörte die Beklagte schriftlich und mündlich den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Am 27.03.2003 bestätigte der Betriebsrat, angehört worden zu sein. Am 31.03.2003 sprach die Beklagte schriftlich gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2003 aus.
Mit der am 11.04.2003 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingereichten Klage hat der Kläger die Kündigung angegriffen. Er hat zum einen die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und zum anderen den Wegfall von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestritten. Schließlich hat er die Sozialauswahl in Bezug auf den Mitarbeiter H. gerügt und der Beklagten vorgehalten, nicht auf die von dem Zeugen H. bekundete Bereitschaft eingegangen zu sein, vorzeitig in Rente zu gehen, wenn dadurch der Arbeitsplatz des Klägers erhalten werde.
Die Beklagte hat näher zur Betriebsratsanhörung vorgetragen. Sie hat die Kündigung als notwendige Personalanpassungsmaßnahme nach erheblichen Auftragsrückgängen dargestellt und vorgetragen, dass nach ihrem Konzept die bisher in der Abteilung ‚Elektroinstallation und Montage’ durchgeführten Installationen an externe Unternehmer vergeben würden. Die verbleibenden Arbeiten, insbesondere die Inbetriebnahme von Maschinen, würden seit dem Ausscheiden des Klägers von den anderen Mitarbeitern ohne Überstunden erledigt. Schließlich hat die Beklagte die getroffene Sozialauswahl verteidigt.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06.02003 der Kündigungsschutzklage stattgeben. Mit Schriftsatz vom 12.08.2003, am 14.08.2003 bei Gericht eingegangen, hat die Beklagte Berufung eingelegt. Am 08.10.2003 ist ihr das abgefasste Urteil zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 08.12.2003, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, hat die Beklagte die Berufung begründet. Sie greift die im erstinstanzlichen Urteil vertretene Auffassung, dass der Mitarbeiter H. mit dem Kläger vergleichbar, aber angesichts seiner Rentennähe sozial weniger schutzbedürftig sei, mit tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen an und beantragt die Klageabweisung.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt er das Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen verwiesen. Gemäß Beschluss vom 21.01.2004 hat die Kammer durch Vernehmung des Fertigungsleiters H. und des Elektrikers H. Beweis erhoben. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.01.2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig. Die Berufungseinlegung vor Zustellung des Urteils war zulässig. Die Berufungs...