Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit aufgrund eines Haustarifvertrages zur Regelung von Teilzeitarbeit
Leitsatz (amtlich)
Der Kläger macht einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit aus einem Haustarifvertrag geltend. Der Tarifvertrag sieht vor, dass die Höchstzahl der Teilzeitarbeitsplätze in gesonderten Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien festgelegt werden soll. Dieser Tarifvertrag ist so auszulegen, dass im Falle des Nichtzustandekommens einer solchen ergänzenden Vereinbarung kein tarifvertraglicher Anspruch auf Teilzeit bestehen soll. Es verbleibt dann vielmehr bei dem - hier nicht streitgegenständlichen - Anspruch nach § 8 TzBfG.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Entscheidung vom 28.02.2018; Aktenzeichen 6 Ca 2258/17) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 28.02.2018 - AZ: 6 Ca 2258/17 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Vertragsänderung zu einer Teilzeitbeschäftigung in Form einer Verringerung seiner Jahresarbeitszeit.
Der Kläger ist seit dem 01.10.1983 bei der Beklagten als Staplerfahrer gegen einen Monatsbruttolohn von zuletzt 3.500,-- EUR beschäftigt. Er ist derzeit mit einer jährlichen Arbeitszeit im Umfang von 10/12 einer Vollzeitkraft in der Abteilung Logistik tätig. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die beklagte Brauerei ist ein Unternehmen des J.-Konzerns und hat zusammen mit der Muttergesellschaft und zehn Schwestergesellschaften mit der NGG diverse Haustarifverträge abgeschlossen, u. a. auch den Tarifvertrag zur Regelung von Teilzeitarbeit vom 03.07.2009 (TeilzeitTV). Den Hintergrund für diesen Tarifvertrag bildet der zwischen denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte sog. Sozialtarifvertrag vom selben Tag (Bl. 36 ff. d. A.). In dessen Präambel heißt es:
"Durch den Abschluss dieses Sozialtarifvertrags soll sichergestellt werden, dass vor dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen die Anwendungsmöglichkeiten des Sozialtarifvertrags in ausreichender Form ausgeschöpft worden sind."
§ 3 des Sozialtarifvertrags hat folgenden Wortlaut:
"(1) Teilzeitarbeit gem. "Bremer Modell (10/12 Modell)"
Zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Regelungen der Konzerngesellschaften zur Teilzeit haben die Parteien am 03.07.2009 einen Tarifvertrag über Teilzeitarbeit gem. "Bremer Modell" geschlossen.
Die nachfolgenden Punkte werden bei Erstellung des Tarifvertrages zur Teilzeit berücksichtigt. Der Tarifvertrag zur Teilzeit wird parallel zu diesem Sozialtarifvertrag unterzeichnet.
Für den Standort Bremen gilt der Teilzeittarifvertrag vom 08.12.2006. Für alle anderen Standorte wird Teilzeit analog des Bremer Teilzeittarifvertrages eingeführt.
Für Mitarbeiter, die
?aus den Abteilungen Brautechnik, Abfüllung, Qualitätswesen, Instandhaltung, Energieversorgung, Logistik und die gewerblichen Mitarbeiter in den Technischen Diensten,
?die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und
?mindestens seit zwei Jahren bei J. beschäftigt sind
besteht ein Rechtsanspruch zur Teilzeitarbeit nach den Regelungen des Teilzeittarifvertrages."
Der TeilzeitTV selbst enthält die folgenden Regelungen:
"§ 2 Präambel
Dieser Tarifvertrag regelt in Präzisierung der Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes den Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung für Arbeitnehmer bei freien Teilzeitarbeitsplätzen sowie Verfahrensweisen, wenn Arbeitnehmer Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen wollen.
§ 3 Mögliche Formen der Teilzeitarbeit
Folgende Formen von Teilzeitarbeit sind möglich:
1.Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit im Blockmodell - ausgehend von einer 37-Stunden-Woche - nach folgenden Möglichkeiten:
Modell |
Tägliche |
wöchentliche Sollarbeitszeit |
jährliche |
11 |
6,78 |
33,92 |
1.763,67 |
10 |
6,17 |
30,83 |
1.606,33 |
9 |
5,55 |
27,75 |
1.443,00 |
8 |
4,93 |
24,67 |
1.282,67 |
7 |
4,32 |
21,58 |
1.122,33 |
6 |
3,70 |
18,50 |
962,00 |
Bei hiervon abweichenden tariflichen Arbeitszeiten ist die obige Berechnung entsprechend der jeweils anwendbaren tariflichen Arbeitszeit anzupassen.
2.Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit nach folgenden Möglichkeiten:
?Ganze freie Tage pro Woche
?Reduzierung der täglichen Arbeitszeit, die tägliche Mindestarbeitszeit beträgt jedoch 3 Stunden
Die Anwendungsmöglichkeiten der aufgeführten Modelle auf die Betriebsabteilungen sind einvernehmlich durch die Betriebsparteien festzulegen. Kommt es zwischen den Parteien zu keiner Verständigung, entscheidet eine Eignungsstelle gemäß § 76 BetrVG.
Die Teilzeitarbeitnehmer werden während der Arbeitsphase grundsätzlich innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeitmodelle eingesetzt.
§ 4 Rechtsanspruch
Für Arbeitnehmer,
?die in den Abteilungen Brautechnik, Abfüllung, Qualitätswesen, Instandhaltung, Energieversorgung und Logistik beschäftigt sind u...