Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Änderung tarifvertraglicher Regelungen - TV über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens
Leitsatz (redaktionell)
Auch eine als dreizehntes Monatseinkommen bezeichnete tarifvertragliche Gratifikation, die im Rahmen einer Stichtagsregelung in der Vergangenheit geleistete Dienste belohnt und einen Anreiz für zukünftige Betriebstreue setzt, kann rückwirkend für das ganze Jahr geändert, dh in der Höhe reduziert werden, wenn der Vertrauensschutz der Normunterworfenen nicht entgegensteht.
Orientierungssatz
Wirksame Reduzierung des Anspruchs aus dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.03.2000 - 7 Ca 8361/99 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 3.197,05 DM.
Tatbestand
Der am 26.09.1951 geborene Kläger ist seit dem 01.07.1980 bei der Beklagten, die dem S. Konzern angehört, als Elektrotechniker beschäftigt, und zwar laut Arbeitsvertrag vom 04.06.1980 (Bl. 6 ff d. A.).
Hinsichtlich der Tarifbindung enthält der Arbeitsvertrag in II 4 folgende Regelung:
"4. Kollektiv-Regelung
Für die Arbeitsbedingungen gelten die jeweils gültigen Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und die Betriebsordnung. Sie sind für beide Parteien dieses Anstellungsvertrages bindend."
Damit gelten hier die Tarifverträge der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW.
Mit der am 15.12.1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger aufgrund des Tarifvertrages über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens den von der Beklagten über den Pauschalbetrag von 1.000,-- DM hinaus einbehaltenen Restbetrag von 3.197,05 DM brutto geltend gemacht.
Die einschlägigen Regelungen des Tarifvertrages über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens lauten wie folgt:
"§ 2
Voraussetzungen und Höhe der Leistungen
1. Arbeitnehmer und Auszubildende, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.
2. Ausgenommen sind Arbeitnehmer und Auszubildende, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis gekündigt haben.
...
2.2. Treffen die Betriebsparteien über die Ausgestaltung der Sonderzahlungen nach § 2 Nr. 2.1 keine Regelung, werden die Sonderzahlungen nach folgender Staffelung gezahlt:
ab 1997
nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit 25 %
nach 12 Monaten Betriebszugehörigkeit 25 %
nach 24 Monaten Betriebszugehörigkeit 45 %
nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit 55 %
eines Monatsentgelts bzw. einer Monatsvergütung.
3. Diese Leistungen gelten als Einmalleistung im Sinne der sozial-versicherungsrechtlichen Vorschriften.
...
6. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer bzw. Auszubildende, deren Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht, erhalten keine Leistungen. Ruht das Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichens der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Beruf ausscheiden, erhalten die volle Leistung.
§ 3
Zeitpunkt
1. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt.
2. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2 Nr. 1 der 1. Dezember. In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber unbenommen, die Erfüllung der Zahlung vorher durchzuführen."
Ebenfalls am 11. Dezember 1996 schlossen die Tarifvertragsparteien einen zum 01.01.1997 in Kraft tretenden "Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1997", dessen § 6 lautet:
§ 6
Sonderfallregelung
Die Tarifvertragsparteien werden sich, wie bisher, in besonders gravierenden Fällen, zum Beispiel zur Abwendung einer Insolvenz, darum bemühen, für einzelne Unternehmen Sonderregelungen zu finden, um damit einen Beitrag zum Erhalt der Unternehmen und der Arbeitsplätze zu leisten."
Am 04.11.1999 wurde unter der Überschrift "Verhandlungsergebnis" ein Sanierungstarifvertrag (Bl. 9 ff. d. A.) abgeschlossen, der nachfolgend hinsichtlich der Regelung über das 13. Gehalt auszugsweise zitiert wird:
"Verhandlungsergebnis
Zwischen der Industriegewerkschaft Metall
Bezirksleitung München
Bezirksleitung Frankfurt
Bezirksleitung Küste
Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen
Bezirksleitung Stuttgart
der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands
und
sämtlicher dem S.-Konzern zugehöriger Betriebe einschl...