Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwesenheitsprämie - Kürzung bei Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Sondervergütungen im Sinne des § 4a EFZG (juris: EntgFG) gehören regelmäßig auch quartalsweise gezahlte Anwesenheitsprämien.
Orientierungssatz
Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 5 AZR 502/00.
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.02.2000 - 8 Ca 5641/99 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 361,32 brutto nebst 4 % Zinsen von jeweils DM 180,66 brutto seit dem 16.05.1999 und 16.11.1999 zu zahlen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, eine dem Kläger in Aussicht gestellte Sonderprämie vollständig nicht zur Auszahlung zu bringen.
Der Kläger ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 20.11.1995 seit dem 20.11.1995 bei der Beklagten als Werkstatthelfer beschäftigt. Die Beklagte zahlt allen Arbeitnehmern seit mehreren Jahren eine freiwillige Sonderprämie von DM 500,-- pro Quartal, wenn sie im vorhergehenden Quartal uneingeschränkte Arbeitsleistungen erbracht haben. Bei unentschuldigter Abwesenheit oder unentschuldigten Arbeitsunfähigkeitszeiten entfällt die Sonderprämie und wird auch nicht anteilig gezahlt.
Im Jahre 1999 war der Kläger vom 16.02. bis 15.05.1999 sieben Tage und im Zeitraum vom 16.08. bis 15.11.1999 erneut sieben Tage arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte gewährte ihm deshalb die zum 15.05. bzw. 14.11.1999 fällige Sonderprämie von jeweils DM 500,-- nicht.
Mit seiner am 23.12.1999 beim Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gemachten Klage hat der Kläger die Zahlung von insgesamt DM 361,32 brutto geltend gemacht.
Er hat die Auffassung vertreten, bei der von der Beklagten versprochenen Prämie handele es sich um eine Sondervergütung im Sinne des § 4 a EFZG, die aus Anlass von Arbeitsunfähigkeitszeiten nur in dem dort vorgesehen Umfang gekürzt werden könnte. Der Kläger hat hieraus für die beiden Krankheitsperioden eine Nachzahlung in der zwischen den Parteien unstreitigen Höhe von jeweils DM 180,66 brutto errechnet und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 361,32 brutto zu
zahlen zuzüglich 4 % Zinsen von jeweils DM 180,66 seit dem 16.05.
und 16.11.1999.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, bei der von ihr freiwillig gewährten Prämie handele es sich gerade nicht um eine im Krankheitsfall kürzbare Sondervergütung. Vielmehr sei das uneingeschränkte Erbringen der Arbeitsleistung Anspruchsvoraussetzung für die Zahlung der Prämie überhaupt; eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen im Sinne des § 4 a EFZG liege nicht vor.
Mit Urteil vom 29.02.2000 hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Wuppertal - 8 Ca 5641/99 - die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die von der Beklagten gezahlte Prämie falle nicht in den Anwendungsbereich des § 4 a EFZG. Sie werde nämlich vom Arbeitgeber auf völlig freiwilliger Basis gezahlt und solle die nicht durch Krankheit unterbrochene Anwesenheit der Arbeitnehmer belohnen. Würde man auch hier eine Kürzung nur im Rahmen des § 4 a EFZG zulassen, würde letztlich der Zweck der freiwilligen Leistung mit der Folge verfehlt, dass wohl alle Mitarbeiter zukünftig auf die Prämie zu verzichten hätten.
Der Kläger hat gegen das ihm am 31.03.2000 zugestellte Urteil mit einem am 20.04.2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 18.05.2000 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Er wiederholt im Wesentlichen seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und meint auch weiterhin, dass § 4 a EFZG anzuwenden sei, da Zweck der Prämie erkennbar die Verringerung von Fehlzeiten wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal wird abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 361,32 DM brutto zu
zahlen, zzgl. 4 % Zinsen von jeweils 180,66 DM seit dem 16.05. und
16.11.1999.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls ihren Sachvortrag aus der ersten Instanz. Sie verweist vor allem auf den freiwilligen Charakter der Sonderprämie und ihre damit verbundene Berechtigung, die Prämienentstehungsvoraussetzungen jederzeit zu ändern oder aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nämlich an sich statthaft, wegen der ausdrücklichen Zulassung im erstinstanzlichen Urteil auch zulässig sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
II.
Auch in der Sache selbst hatte das Rechtsmitte...