Entscheidungsstichwort (Thema)
Honorardurchsetzungsanspruch eines außerbetrieblichen Einigungsstellenbeisitzers. Verzug. Mahnung. Schaden. Zinsen. Verbraucher
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Beschlussverfahren entstehende Anwaltskosten (Honorardurchsetzungskosten) können als Verzugsschaden anzusehen sein.
2. Mit der Benennung als Beiseitzer einer betrieblichen Einigungsstelle entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis nach § 76a BetrVG.
3. Entspricht die Honorarrechnung über die Tätigkeit als Beisitzer der Einigungsstelle § 14 UStG besteht kein Zurückbehaltungsrecht. Eine solche Honorarrechnung enthält eine Mahnung i.S.v. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
Normenkette
ArbGG §§ 2a, 80 Abs. 1; BetrVG §§ 76, 76a Abs. 3; BGB §§ 13-14, 271, 273, 276; UStG § 14
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 06.07.2011; Aktenzeichen 4 BV 3/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 06.07.2011 – 4 BV 3/11 – abgeändert.
Der Arbeitgeber wird verpflichtet, an den Beteiligten zu 1. 718,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2011 zu zahlen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren über Honorardurchsetzungskosten.
Der Arbeitgeber, der Beteiligte zu 2., betreibt zahlreiche Einrichtungen, u.a. das B2- und P1 A1 S9 in G2. In dieser Einrichtung ist ein Betriebsrat gewählt, der aus drei Personen besteht und regelmäßige Beratung durch die Gewerkschaft ver.di, insbesondere den Gewerkschaftssekretär K1, in Anspruch nimmt.
Im Jahre 2010 wurde im Betrieb des Arbeitgebers eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am B3 K2 mit dem Regelungsgegenstand Arbeitszeit bzw. Dienstplangestaltung und -Erstellung eingesetzt. Die Anzahl der Beisitzer wurde mit je 2 festgelegt.
Am 27.07.2010 fasste der Betriebsrat daraufhin folgenden Beschluss (Bl. 9 d.A.):
„…
Unter Verzicht auf Form- und Fristvorschriften beschließt der vollzählig anwesende Betriebsrat in seiner außerordentlichen Sitzung vom 27.07.2010 als Beisitzer in der am 22.07.2010 vor dem Arbeitsgericht vereinbarten Einigungsstelle zum Thema Arbeitszeit Herrn O1 K1, im Falle dessen Verhinderung Herrn D1 S3, Verd.i Bezirk E2-L1 S4, K3-S5 S6 123, 12345 G2 sowie Rechtsanwalt J1 F1, im Falle dessen Verhinderung Rechtsanwalt M1 S7, O2 12, 23456 G2 zu benennen.
…”
Mit Schreiben vom 06.08.2010 teilte der Beteiligten zu 1. dem Einigungsstellenvorsitzenden, der in der Nähe von E1, etwa 270 Kilometer vom Sitz des Arbeitgebers entfernt, wohnt, die Einigungsstellenbeisitzer auf Betriebsratsseite mit.
Die Sitzungen der Einigungsstelle fanden daraufhin in den Betriebsräumen des Arbeitgebers am 03.09.2010 mit einer Dauer von 3,5 Stunden, am 22.09.2010 mit einer Dauer von 7,5 Stunden, am 25.10.2010 mit einer Dauer von 3 Stunden und am 22.11.2010 mit einer Dauer von über 9 Stunden statt. An den Sitzungen der Einigungsstelle nahmen auf Betriebsratsseite jeweils der Gewerkschaftssekretär S3 sowie Rechtsanwalt F1, der Beteiligte zu 1., teil. Auf die Protokolle der Einigungsstellensitzungen (Bl. 99 ff. d.A. 10 TaBV 61/11 Landesarbeitsgericht Hamm) wird Bezug genommen.
Nach Beendigung des Einigungsstellenverfahrens stellte der Richter am Bundesarbeitsgericht K2 dem Arbeitgeber ein Honorar von 10.000,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer unter dem 06.12.2010 in Rechnung. Das Honorar setzte sich nach einer Mitteilung des Einigungsstellenvorsitzenden vom 01.06.2011 (Bl. 98 d. A. 10 TaBV 61/11 Landesarbeitsgericht Hamm) gestaffelt nach der Dauer der Einigungsstellensitzungen zusammen, für eine Sitzung bis zu 2 Stunden in Höhe von 1.500,– EUR plus Mehrwertsteuer, für eine Dauer von 2 bis 4 Stunden in Höhe von 2.000,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer, für eine Dauer von 4 bis 6 Stunden in Höhe von 2.500,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer und ab einer Dauer von 6 Stunden in Höhe von 3.000,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer.
Den Beisitzern in der Einigungsstelle, dem Beteiligten zu 1. und dem Gewerkschaftssekretär S3, teilte der Einigungsstellenvorsitzende ebenfalls am 06.12.2010 (Bl. 7 d.A.) mit, dass er dem Arbeitgeber ein Honorar von 10.000,– EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt habe.
Daraufhin erteilte der Beteiligte zu 1., Rechtsanwalt F1, auf dem Briefbogen der Anwaltskanzlei, in der er Sozietätsmitglied ist, dem Arbeitgeber folgende Rechnung vom 08.12.2010 (Bl. 10 d. A.):
„Sachbearbeiter: Rechtsanwalt F1
Sekretariat: Frau B4
Az.: 1130/10
Betreff: hier BR ./. ASB H1-G2, 1130/10
Rechnungs-Nr.: 12345678
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr R1,
unter Zugrundelegung der inzwischen erfolgten Abrechnung des Vorsitzenden der Einigungsstelle erlauben wir uns unsere Tätigkeit als Beisitzer auf Grundlage von sieben Zehnteln des Vorsitzendenhonorars wie nachstehend ersichtlich zu berechnen.
Kostenrechnung
7/10 des Vorsitzendenhonorars EUR 7.000,00
19 % MwSt. gem. Nr. 7002 VV RVG EUR 1.330,00
EUR 8.330,00
Der Rechnungsbetrag ist sofort fällig. Wir bitten um die Zahlung binnen sieben Tagen.
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