Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung einer Betriebsratswahl. Unterlassung. Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht. Rechtskraft der Bestellungsentscheidung. aufschiebende Wirkung einer Beschwerde. einstweilige Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
Einem vom Arbeitsgericht bestellten Wahlvorstand ist es untersagt, vor einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Bestellung eine Betriebsratswahl durchzuführen. Zwar bleibt der durch das Arbeitsgericht bestellte Wahlvorstand bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses des Arbeitsgerichts im Amt. Die erstinstanzliche Ersetzungsentscheidung ist aber durch die Beschwerde gem. § 87 Abs. 1 ArbGG anfechtbar und hat gem. § 87 Abs. 4 ArbGG aufschiebende Wirkung. In § 87 Abs. 4 ArbGG wird auf § 85 Abs. 1 S. 2 ArbGG hingewiesen, wonach Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vorläufig vollstreckbar sind. Hieraus folgt, dass Beschlüsse in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten erst wirksam werden, sobald sie rechtskräftig sind. Daraus ergibt sich, dass der vom Arbeitsgericht eingesetzte Wahlvorstand erst tätig werden und die Betriebsratswahl durchführen darf, wenn dieser Bestellungsbeschluss rechtskräftig ist.
Normenkette
BetrVG §§ 17-18; ArbGG § 85 Abs. 2, § 87 Abs. 4; ZPO §§ 935, 490
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Beschluss vom 23.04.2009; Aktenzeichen 2 BVGa 2/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Wahlvorstandes der G1 GmbH & Co. KG Transporte gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 23.04.2009 – 2 BVGa 2/09 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer Betriebsratswahl.
Die Arbeitgeberin ist ein Luftfrachttransporteur mit derzeit 297 Arbeitnehmern. In ihrem Betrieb besteht kein Betriebsrat.
In einer Benachrichtigung vom 19.11.2008 riefen drei im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigte Arbeitnehmer, die Mitarbeiter B2, R1 und W4, zu einer Betriebsversammlung am 14.12.2008 auf, in der ein Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrates gebildet werden sollte. Auf der Betriebsversammlung vom 14.12.2008 erschienen ca. 90 Mitarbeiter. Fünf Mitarbeiter, unter ihnen die Arbeitnehmer B2, R1 und W4, erklärten sich bereit, als Wahlvorstand zu fungieren, wobei darüber diskutiert wurde, ob ein fünfköpfiger oder ein dreiköpfiger Wahlvorstand gebildet werden sollte. 21 Anwesende stimmten daraufhin mit Handzeichen für die Bildung eines fünfköpfigen Wahlvorstandes mit den fünf vorgeschlagenen Kandidaten. Aufgrund sich daraufhin ergebender Unruhen wurde entschieden, dass diejenigen Mitarbeiter, die einen Wahlvorstand wählen wollten, im Versammlungsraum verblieben, die übrigen Mitarbeiter sollten sich draußen versammeln. 71 Mitarbeiter verließen daraufhin den Versammlungsraum. Die Betriebsversammlung wurde daraufhin für beendet erklärt.
In einem anschließend eingeleiteten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung machte die Arbeitgeberin daraufhin geltend, dass der angeblich gewählte Wahlvorstand keine Tätigkeiten entfalten dürfe – 2 BVGa 8/08 Arbeitsgericht Siegen. In dem anberaumten Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht vom 06.01.2009 erklärten die angeblich gewählten fünf Mitarbeiter, sie fühlten sich nicht gewählt und würden auch keine Aktivitäten als Wahlvorstand entfalten. Daraufhin nahm die Arbeitgeberin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.
Anschließend leiteten die Mitarbeiter B2, R1 und W4 beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren auf Bestellung eines Wahlvorstandes ein mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei auf der Betriebsversammlung vom 14.12.2008 nicht gewählt worden, deshalb sei der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin zu bestellen.
Die Arbeitgeberin hat in diesem Verfahren vorgetragen, auf der Betriebsversammlung vom 14.12.2008 sei ein Wahlvorstand gewählt worden. Auch wenn diese Wahl nichtig sei, könne, solange die Nichtigkeit des gewählten Wahlvorstandes nicht feststehe, kein neuer Wahlvorstand bestellt werden.
Durch Beschluss vom 03.02.2009 hat das Arbeitsgericht dem Antrag auf Bestellung des Wahlvorstandes stattgegeben, weil eine wirksame Wahl eines Wahlvorstandes nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten nicht vorliege und die Wahl eines Wahlvorstandes auf der Betriebsversammlung vom 14.12.2008 gescheitert sei. Gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 03.02.2009, der Arbeitgeberin am 11.03.2009 zugestellt, hat die Arbeitgeberin inzwischen Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Hamm – 10 TaBV 27/09 – eingelegt. Anhörungstermin vor dem Landesarbeitsgericht ist anberaumt auf den 02.10.2009.
Nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 03.02.2009 – 2 BV 1/09 Arbeitsgericht Siegen – forderte der Wahlvorstand durch seine Verfahrensbevollmächtigten die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 08.04.2009 auf, dem Wahlvorstand unverzüglich eine Mitarbeiterliste für die durchzuführende Betriebsratswahl zur Verfügung zu stellen; der vom Arbeitsgericht eingesetzte Wahlvorstand werde unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen.
Die Arbeitgeberin ...