Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch des Betriebsrats. Unbegründetheit eines Globalantrags. Anwesenheit des Betriebsrats bei Mitarbeitergesprächen. Aufsuchen des Betriebsrats durch Mitarbeiter. Überwachungsrecht des Betriebsrats bei arbeitsvertraglichen Klauseln in Formulararbeitsverträgen. Grundsätze von Recht und Billigkeit. Mitbestimmung bei Einführung neuer Entlohnungsgrundsätze. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Tarifvorrang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Alle Arbeitnehmer eines Betriebs sind nach § 39 BetrVG berechtigt, die Sprechstunden des Betriebsrats in allen Angelegenheiten aufzusuchen, die mit ihrer Stellung als Arbeitnehmer des Betriebs zusammenhängen und in den Aufgabenbereich des Betriebsrats fallen. Hierzu zählen auch die Erhebung und Erörterung von Beschwerden über das Verhalten von Vorgesetzten oder anderer Arbeitnehmer oder über sonstige betriebliche Angelegenheiten.

2. Macht der Betriebsrat in einem Beschlussverfahren ein eigenes Überwachungs- und Mitbestimmungsrecht geltend, ist an diesem Verfahren der Gesamtbetriebsrat mangels eigener Rechtsbetroffenheit regelmäßig nicht zu beteiligen.

 

Normenkette

ArbGG §§ 10, 81, 83 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BetrVG § 23 Abs. 3, §§ 39, 50 Abs. 1, § 75 Abs. 1, § 80 Abs. 1 S. 1, § 82 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB § 307 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 24.04.2007; Aktenzeichen 7 BV 299/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.04.2007 – 7 BV 299/06 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Anwesenheit von Betriebsratsmitgliedern bei Mitarbeitergesprächen. Der Betriebsrat macht gegenüber der Arbeitgeberin ferner weitere Unterlassungsansprüche geltend.

Die Arbeitgeberin betreibt in D3 einen Lager- und Logistikbetrieb, der zum 01.01.2006 im Rahmen eines Betriebsüberganges auf die jetzige Arbeitgeberin übergegangen war. Dem D4 Betrieb der Arbeitgeberin gehören mehr als 200 Arbeitnehmer an. Zu den Hauptaufgaben des Betriebes gehört die deutschlandweite Belieferung aller Märkte des M1 Konzerns im In- und Ausland mit den dort angebotenen Waren.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der Betriebsrat des D4 Betriebes. Im Unternehmen der Arbeitgeberin ist ferner ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

Am 24.11.2006 wurde eine Arbeitnehmerin des Betriebes, Frau K1, Betriebsratsmitglied, die zuvor von ihrem Abteilungsleiter angewiesen worden war, Reportübersichten zu erstellen, dies aber noch nicht erledigt hatte, aufgefordert, mit ihm zu dem Betriebsleiter, Herrn B3, zu kommen. Frau K1 teilte zunächst dem Abteilungsleiter mit, sie wolle den Betriebsratsvorsitzenden bei dem Gespräch mit Herrn B3 dabei haben. Der Abteilungsleiter erwiderte, sie solle erst einmal mitkommen. Der Betriebsleiter, Herr B3, erklärte auf die wiederholte Bitte der Frau K1, den Betriebsratsvorsitzenden bei dem Gespräch dabeihaben zu wollen, dies sei nicht nötig. Sodann wies der Betriebsleiter Frau K1 an, die Reportübersichten unverzüglich zu erstellen; Frau K1 sei gut beraten, wenn sie in kürzester Zeit diese Anweisung befolgen würde. Der weitere Gesprächsinhalt ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 27.11.2006 hing der Betriebsrat „aus gegebenem Anlass” eine Information aus, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 25 d.A.).

Am 01.12.2006 wandte sich der Arbeitnehmer K2-H2 S5, Vertrauensperson der Schwerbehinderten, an den Betriebsratsvorsitzenden und sprach ihn auf ein sein Arbeitsverhältnis betreffendes Problem an. Der Betriebsratsvorsitzende wandte sich zur Klärung an die Personalabteilung der Arbeitgeberin. Kurze Zeit später rief der Betriebsleiter, Herr B3, Herrn S5 zu sich und erklärte ihm, wenn er Probleme in seinem Arbeitsverhältnis habe, könne er diese auch mit seinem Vorgesetzten besprechen. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Beteiligten streitig.

Im Laufe des Jahres 2006 entwarf die Arbeitgeberin für ihre Gruppenleiter, Schichtleiter und Lagerleiter einen neuen Arbeitsvertrag, der in Ziffer 13 eine Bestimmung folgenden Inhalts enthält:

„Mit der unter Ziffer 3 dieses Anstellungsvertrages vereinbarten übertariflichen Zulage sind alle anfallenden Mehrarbeitsstunden, Zuschläge aller Art, tarifliches Urlaubsgeld, tarifliches und betriebliches Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen abgegolten. Die Auszahlung erfolgt in 12 gleichen Monatsbeträgen.”

Wegen dieser Bestimmung beabsichtigte die Unternehmensleitung der Arbeitgeberin in Verhandlungen mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat einzutreten.

In dem am 27.12.2006 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verstoße in grober Weise gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Insoweit könne der Betriebsrat verlangen, dass die Arbeitgeberin ein entsprechendes Verhalten künftig unterlasse.

Zunächst sei die Arbeitgeberin verpflichtet, die Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds in Person...

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