Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerbegriff. Frachtführer. Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Der Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff. HGB übt ein selbständiges Gewerbe aus. Nur wenn die Tätigkeit des Transporteurs durch den Auftraggeber stärker eingeschränkt wird, als es aufgrund der gesetzlichen Regelungen geboten ist, kann das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen sein.
Normenkette
HGB § 84 Abs. 1, § § 407 ff.; SGB IV § 7 Abs. 4; KSchG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 17.08.2000; Aktenzeichen 1 Ca 3461/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.08.2000 – 1 Ca 3461/99 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren maßgeblich darüber, ob der Kläger Arbeitnehmer ist.
Der am 06.01.1960 geborene, ledige Kläger war seit dem 24.02.1992 bei der Beklagten bzw. deren Schwesterfirmen als Frachtführer tätig. Grundlage der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien ist der zuletzt geschlossene Vertrag vom 02.02.1998 (Bl. 30 bis 33 d.A.). Der Kläger erzielte bei der Beklagten einen monatlichen Umsatz von ca. 10.000,– DM. Für die Durchführung der ihm erteilten Frachtaufträge erteilte der Kläger der Beklagten Rechnungen, in denen auch die Mehrwertsteuer ausgewiesen wurde.
Die Beklagte ist ein Speditionsunternehmen und beschäftigt in der Bundesrepublik Deutschland ca. 4.000 Arbeitnehmer, in ihrem Depot in B……… ca. 110 Arbeitnehmer.
Der Kläger war dem Depot B……… zugeordnet.
Mit Schreiben vom 10.11.1999 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.1999 (Bl. 5 d.A.).
Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger gewehrt mit der vorliegenden, am 01.12.1999 erhobenen Kündigungsschutzklage.
Der Kläger hat vorgetragen:
Das Kündigungsschutzgesetz komme auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung, da er Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sei. Er sei verpflichtet, seine Leistungen für die Beklagte höchstpersönlich zu erbringen. Er habe allein für die Beklagte tätig sein müssen. Durch Kleidung und Lackierung des Fahrzeugs habe er als Repräsentant der Beklagten auftreten müssen. Er sei zeitlich und örtlich durch die Vorgaben der Beklagten gebunden gewesen und habe Anfangs- und Endzeiten einhalten müssen. Weiter habe er die Arbeitsanweisungen der Beklagten zu befolgen gehabt. Bei Pflichtverstößen seien ihm Sanktionen angedroht worden.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Kündigung vom 10.11.1999, zugegangen am 11.11.1999, am 31.12.1999 enden wird sowie festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht und
- hilfsweise, im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1, die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Ein Arbeitsverhältnis habe nicht vorgelegen. Der Kläger könne sich nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen. Dem Kläger sei keineswegs vorgegeben, wie er täglich zu fahren habe. Insbesondere sei ihm auch nicht vorgegeben, welche Gebiete er zu welcher Uhrzeit zu befahren habe. Auch sei er keineswegs gezwungen gewesen, täglich um sechs Uhr zu erscheinen. Es sei allerdings richtig, dass die Region um das Depot B……… in Gebiete aufgeteilt worden sei. Dies sei allerdings nur ein Hilfsmittel für die Disponenten gewesen, das Frachtaufkommen zu bewältigen. Im Übrigen hätten die Frachtführer dann jeweils selbst entscheiden können, ob sie die Aufträge annehmen und ausführen. Die Frachtführer hätten auch in unterschiedlichem Umfang die Ausführung von Frachtaufträgen abgelehnt, so dass sie dann an andere Frachtführer jeweils angeboten wurden. Es sei insgesamt aufgrund der Art der Geschäftsabwicklung eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Frachtführer jeweils gegeben, dies mache die Frachtführer jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts möglicherweise zu einer arbeitnehmerähnlichen Person, jedoch nicht zu einem Arbeitnehmer. Dies sei jedoch Voraussetzung dafür, dass der Kläger sich auf das Kündigungsschutzgesetz berufen könne.
Es sei auch keineswegs so, dass bei einer Ablehnung eines Auftrags von dem Frachtführer Schadensersatz angedroht würde bzw. sonstige arbeitsrechtlichen Maßnahmen.
Das Arbeitsgericht ist der Auffassung der Beklagten gefolgt und hat durch Urteil vom 17.08.2000 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gegen dieses ihm am 28.08.2000 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 27.09.2000 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.11.2000 am 10.11.2000 begründet.
Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil ...