Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung, Tariflohnerhöhung, übertarifliche Zulage, Einmalzahlung, Pauschalbetrag
Leitsatz (amtlich)
Bei der im Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Westfalen vom 26.05.1999 vereinbarten Einmalzahlung handelt es sich um eine pauschalierte Tariflohnerhöhung, so dass eine Anrechnung auf übertarifliche Zulagen zulässig ist.
Normenkette
Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Westfalen vom 26. Mai 1999
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 22.02.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1553/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22.02.2000 – 3 Ca 1553/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Anrechnung einer tariflichen Einmalzahlung auf übertarifliche Zulagen.
Der Kläger ist seit längerem bei der Beklagten, die ein mittelständisches Unternehmen der Bekleidungsindustrie betreibt und in deren Betrieb ein Betriebsrat besteht, als Arbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Westfalen Anwendung.
Bis Juli 1999 erhielt der Kläger bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden eine effektive Bruttostundenvergütung in Höhe von 21,77 DM. Der Betrag setzte sich zusammen aus dem Tariflohn von 19,37 DM brutto und einer übertariflichen Zulage in Höhe von 2,40 DM brutto.
Am 26.05.1999 vereinbarten der Gesamtverband der Textilindustrie sowie die Bundesvereinigung der Arbeitgeber im Bundesverband Bekleidungsindustrie auf der einen Seite und die IG Metall auf der anderen Seite im Zuge des Textil-Bekleidungs-Bündnisses für Beschäftigung und Ausbildung 1999 unter Ziffer 3, überschrieben mit „Einkommen”, für den Bereich der Bekleidungsindustrie eine Erhöhung von 3,1 % ab 01.08.1999; zusätzlich wurde für alle Vollzeitbeschäftigten unter anderem eine im Juli 1999 zu gewährende Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM festgelegt. Auf dieser Grundlage schlossen die Bundesvereinigung der Arbeitgeber im Bundesverband Bekleidungsindustrie und die IG Metall ebenfalls am 26.05.1999 eine Gesamtvereinbarung, in der unter der Überschrift „Entgelte” auch eine 3,1%ige Erhöhung ab dem 01.08.1999 sowie eine im Juli 1999 allen Vollzeitbeschäftigten zu gewährende Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM geregelt wurden.
In Umsetzung dieser Abrede wiederum schlossen der Verband der Nord-Westdeutschen Bekleidungsindustrie und die IG Metall für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Westfalen unter dem 26.05.1999 einen neuen „Lohntarifvertrag”, der auszugsweise wie folgt lautet:
§ 2 Lohngruppen, Lohnsätze
1. a) Die Tariflohnsätze vom 01. Juli 1998 erhöhen sich ab 01. August 1999 um 3,1 % in allen Lohngruppen. …
b) Im Monat Juli 1999 erfolgt eine Einmalzahlung von 200 DM und im Monat Juli 2000 eine Einmalzahlung von 90 DM.
Teilzeitbeschäftigte erhalten die Einmalzahlung anteilig.
Beschäftigte, die in den Monaten Mai, Juni oder Juli 1999 oder im Monat Juli 2000 aus dem Betrieb ausscheiden oder in den Betrieb eintreten, erhalten die Einmalzahlung ebenfalls anteilig.
Die Einmalzahlungen sind nicht in die Durchschnittsberechnungen einzubeziehen.
c) Unternehmen in schwieriger wirtschaftlicher Situation können durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Tariferhöhung für eine befristete Zeit, längstens jedoch für die Dauer der Laufzeit dieses Tarifvertrages ganz oder teilweise aussetzen.
Voraussetzung ist, daß für die Zeit der ganzen oder teilweisen Aussetzung der Tariferhöhung eine Beschäftigungszusage gegeben werden muß.
Statt einer Aussetzung der Tariferhöhung kann auch eine Senkung von tariflichen Einmalzahlungen (Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung) im gleichen Umfang vereinbart werden. …
§ 3 Laufzeit
1. Dieser Tarifvertrag tritt mit dem 01. Mai 1999 in Kraft. …
Die Beklagte hat die im Juli 1999 fällig gewordene Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM ohne Beteiligung des Betriebsrates bei allen Beschäftigten mit deren übertariflichen Zulagen verrechnet, so auch beim Kläger; daher trat bei ihm keine Erhöhung der effektiven Arbeitsvergütung ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der tarifvertraglich vereinbarten Einmalzahlung handele es sich nicht um eine pauschale Lohnerhöhung, so dass keine Verrechnung mit übertariflichen Einkommensbestandteilen vorgenommen werden könne. Im übrigen sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 200,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Meinung vertreten, bei der Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM handele es sich um eine pauschale Tariflohnerhöhung für die Monate Mai bis Juli 1999, so dass die Anrechnung auf übertar...