Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer tariflichen Einmalzahlung auf übertarifliche Zulagen. GehaltsTV für die Angestellten der Bekleidungsindustrie in Westfalen
Orientierungssatz
Bei der im Gehaltstarifvertrag für die Angestellten der Bekleidungsindustrie in Westfalen vom 26.5.1999 vereinbarten Einmalzahlung handelt es sich um eine pauschalierte Tarifgehaltserhöhung, so daß eine Anrechnung auf übertarifliche Zulagen zulässig ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 28.03.2000 - 3 Ca 1551/99 - abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der vollen Anrechnung einer tariflichen Einmalzahlung auf übertarifliche Zulagen.
Die Klägerin ist seit längerem bei der Beklagten, die ein mittelständisches Unternehmen der Bekleidungsindustrie betreibt und in deren Betrieb ein Betriebsrat besteht, als kaufmännische Angestellte beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Angestellten der Bekleidungsindustrie in Westfalen Anwendung.
Bis Juli 1999 erhielt die Klägerin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.689,00 DM. Der Betrag setzte sich zusammen aus dem Tarifgehalt in Höhe von 3.472,00 DM und einer freiwilligen Zulage in Höhe von 178,00 DM sowie 39,00 DM vermögenswirksame Leistungen.
Am 26.05.1999 vereinbarten der Gesamtverband der Textilindustrie sowie die Bundesvereinigung der Arbeitgeber im Bundesverband Bekleidungsindustrie auf der einen Seite und die IG Metall auf der anderen Seite im Zuge des Textil-Bekleidungs-Bündnisses für Beschäftigung und Ausbildung 1999 unter Ziffer 3, überschrieben mit "Einkommen", für den Bereich der Bekleidungsindustrie eine Erhöhung von 3,1 % ab 01.08.1999; zusätzlich wurde für alle Vollzeitbeschäftigten unter anderem eine im Juli 1999 zu gewährende Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM festgelegt. Auf dieser Grundlage schlossen die Bundesvereinigung der Arbeitgeber im Bundesverband Bekleidungsindustrie und die IG Metall ebenfalls am 26.05.1999 eine Gesamtvereinbarung, in der unter der Überschrift "Entgelte" auch eine 3,1%ige Erhöhung ab 01.08.1999 sowie eine im Juli 1999 allen Vollzeitbeschäftigten zu gewährende Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM geregelt wurden.
In Umsetzung dieser Abrede schlossen der Verband der Nord-Westdeutschen Bekleidungsindustrie auf der einen Seite und die IG Metall sowie die DAG auf der anderen Seite namentlich für die Angestellten der Bekleidungsindustrie in Westfalen unter dem 26.05.1999 einen neuen "Gehaltstarifvertrag", der auszugsweise wie folgt lautet:
§ 2
Gehaltssätze
1. Die tariflichen Gehaltssätze erhöhen sich ab 01. August 1999 in den einzelnen Gehaltsgruppen um 3,1 %, jeweils bezogen auf die am 1. Juli 1998 geltenden Tarifgehälter. ...
2. Im Monat Juli 1999 erfolgt eine Einmalzahlung von 200 DM und im Monat Juli 2000 eine Einmalzahlung von 90 DM. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Einmalzahlung anteilig. Beschäftigte, die in den Monaten Mai, Juni oder Juli 1999 oder im Monat Juli 2000 aus dem Betrieb ausscheiden oder in den Betrieb eintreten, erhalten die Einmalzahlung ebenfalls anteilig. Die Einmalzahlungen sind nicht in die Durchschnittsberechnungen einzubeziehen.
...
§ 4
Aussetzung der Tariferhöhung und Anhebung des Entgelts
a) Unternehmen in schwieriger wirtschaftlicher Situation können durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Tariferhöhung für eine befristete Zeit, längstens jedoch für die Dauer der Laufzeit dieses Tarifvertrages ganz oder teilweise aussetzen. Voraussetzung ist, daß für die Zeit der ganzen oder teilweisen Aussetzung der Tariferhöhung eine Beschäftigungszusage gegeben werden muß.
Statt einer Aussetzung der Tariferhöhung kann auch eine Senkung von tariflichen Einmalzahlungen (Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung) im gleichen Umfang vereinbart werden.
§ 6
Laufzeit
1. Dieser Tarifvertrag tritt mit dem 01. Mai 1999 in Kraft.
Die Beklagte hat die im Juli 1999 fällig gewordene Einmalzahlung in Höhe von 200,00 DM ohne Beteiligung des Betriebsrats bei allen Beschäftigten in vollem Umfang mit deren für die Monate Mai bis Juli 1999 gewährten übertariflichen Zulagen verrechnet, so auch bei der Klägerin.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der tarifvertraglich vereinbarten Einmalzahlung handele es sich nicht um eine pauschale Gehaltserhöhung, so dass keine Verrechnung mit übertariflichen Einkommensbestandteilen vorgenommen werden könne. Im übrigen sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.
In jedem Falle könne aber eine Anrechnung nur in Höhe der übertariflichen Zulage von 178,00 DM für den Monat Juli 1999 erfolgen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 200,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zah...