Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Versetzung. Erweiterung des Direktionsrechts. Änderungskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 8 des Tarifvertrags über die Lohn- und Gehaltssicherung für Arbeitnehmer in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens v. 25.01.1979 ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, andere ihm zugewiesene zumutbare Arbeiten und Tätigkeiten zu übernehmen. Diese Regelung stellt eine zulässige Erweiterung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts dar.

2. Die Tarifregelung verstößt nicht gegen zwingende Arbeitnehmerschutzbestimmungen. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 2 KSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 u. 3 KSchG. Eine arbeitgeberseitig angeordnete Versetzung stellt dann keinen Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses dar, wenn dem Arbeitnehmer weder eine niederwertigere Tätigkeit zugewiesen noch die tarifliche Vergütung verändert wird.

 

Normenkette

Tarifvertrag über die Lohn- und Gehaltssicherung für Arbeitnehmer in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 25. Januar 1979 § 8; BGB §§ 315, 611; KSchG § 1 Abs. 2-3; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 15.06.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2757/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 15.06.2001 – 2 Ca 2757/00 – abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme.

Der 49-jährige, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit April 1974 bei der Beklagten; zuletzt bis zum 30.11.2000 als Schlosser in der mechanischen Instandhaltung (überwiegend im Schaberbau) beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden Anwendung die tariflichen Bestimmungen der Eisen- und Metallindustrie Nordrhein-Westfalens. Der Tarifvertrag über die Lohn- und Gehaltssicherung für Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 25.01.1979 (im Folgenden: TV LGS) lautet – auszugsweise –:

Wird einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Gründen ein geringer bezahlter Arbeitsplatz zugewiesen, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterzahlung seines bisherigen Lohns oder Gehalts für die Dauer von 7 Monaten. Für Arbeitnehmer, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, vom Tage der ersten Versetzung im Kalenderjahr an gerechnet, eine längere Kündigungsschutzzeit haben als 7 Monate, gilt die jeweilige Kündigungsschutzzeit.

Dieser Anspruch besteht innerhalb eines Kalenderjahres nur einmal.

§ 3

Ändern sich die Anforderungen an einem Arbeitsplatz durch technische und/oder organisatorische Änderungen auf Dauer und verringert sich dadurch der Lohn oder das Gehalt, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterzahlung seines bisherigen Lohns oder Gehalts für die Dauer von 12 Monaten.

§ 4

Entfällt der Arbeitsplatz durch technische und/oder organisatorische Maßnahmen auf Dauer und erfolgt ein Einsatz an einem geringer bezahlten Arbeitsplatz, so hat der Arbeitnehmer, sofern er dem Unternehmen mindestens 6 Monate angehört, Anspruch auf Weiterzahlung seines bisherigen Lohns oder Gehalts für die Dauer von 12 Monaten.

§ 5

Auch nach Ablauf der Lohn- und Gehaltssicherungsfrist soll der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Möglichkeit einen anderen seiner Eignung, seinem Können, seiner bisherigen Arbeitsweise (ein- oder mehrschichtig) und seinem bisherigen Lohn oder Gehalt entsprechenden Arbeitsplatz anbieten.

§ 8

Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, andere ihm zugewiesene zumutbare Arbeiten und Tätigkeiten zu übernehmen.

Im November/Dezember 1999 beschloss die Beklagte im Rahmen von betrieblichen Restrukturierungsmaßnahmen – unterlegt von einem Interessenausgleich und Sozialplan –, den der Instandhaltungswerkstatt zugeordneten Schaberbau in die Abteilung Werkzeugbau der Rohrschweißmaschine RS 600 zu integrieren.

Nachdem die Beklagte den Kläger von der getroffenen Organisationsmaßnahme informiert und der bei ihr gebildete Betriebsrat der Versetzung und Umgruppierung des Klägers zugestimmt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 29.11.2000 (Bl. 8 d. A.) mit, dass er zum 01.12.2000 in die Betriebsabteilung Werkzeugbau RS 600 versetzt werde.

Sowohl der ursprüngliche als auch der neu zugewiesene Arbeitsplatz unterliegt einer analytischen Arbeitsbewertung. Der bisherige Arbeitswertlohn in der mechanischen Instandhaltung betrug 28,28 Punkte; Er beläuft sich nunmehr im Werkzeugbau RS 600 auf 25,42 Punkte. Das bedeutet eine monatliche Entgeltdifferenz von etwa 77 Euro brutto. Diese Entgeltminderung wird gemäß einem zwischen den Betriebsparteien vereinbarten Interessenausgleich und Sozialplan über einen Zeitraum von 48 Monaten ausgeglichen. Der Grundlohn des Arbeitsplatzes im Werkzeugbau liegt derzeit bei etwa 1.862 Euro brutto im Monat und damit 4 % über der Lohngruppe 8 des gültigen Lohn(rahmen)-Tarifv...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge