Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulungskosten. Erforderlichkeit der Schulung zum Thema: Rechte und Pflichten des Betriebsrats im Arbeitskampf. Vermittlung von Grundwissen/Spezialkenntnissen. Vorkenntnisse anderer Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung mit dem Thema „Rechte und Pflichten des Betriebsrats im Arbeitskampf” kann nach § 37 Abs. 6 BetrVG nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn ein konkreter, aktueller, betriebsbezogener Anlass besteht, d.h. wenn konkret vorhersehbar ist, dass der Betrieb direkt oder indirekt von Arbeitskampfmaßnahmen betroffen sein wird. Die Vermittlung von Kenntnissen aus dem Gebiet des Arbeitskampfes gehört nicht zur Vermittlung von Grundkenntnissen des Betriebsverfassungsgesetzes oder des Arbeitsrechts.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 12.12.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1484/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 12.12.2002 – 3 Ca 1484/02 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit der Teilnahme an einer Betriebsratsschulung.
Der am 16.11.1957 geborene Kläger ist seit dem 02.10.1989 im Betrieb der Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie, als Arbeiter zu einem Stundenlohn von zuletzt 18,35 EUR beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten, in dem ca. 440 Mitarbeiter beschäftigt sind, werden Rolltreppen und Rollsteige hergestellt und vertrieben.
Seit dem 01.01.2002 ist der Kläger Mitglied des aus 11 Personen bestehenden Betriebsrates.
Im Frühjahr 2002 fanden Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie statt.
Aufgrund einer an alle Betriebsratsgremien der Metallbetriebe der IG Metall Gevels-berg-Hattingen gerichteten „Einladung zum Tagesseminar: Rechte und Pflichten des Betriebsrats im Arbeitskampf” vom 26.03.2002 (Bl. 6,7 d.A.) fasste der Betriebsrat am 03.04.2002 den Beschluss (Bl. 27 d.A.), den Kläger zu dem am 15.04.2002 im IG Metall Bildungszentrum, Sprockhövel, stattfindenden eintägigen Seminar zu entsenden. Auf die Einladung der IG Metall vom 26.03.2002 (Bl. 6 f.d.A.) sowie den Betriebsrats-beschluss vom 03.04.2002 (Bl. 27 d.A.) wird Bezug genommen.
Nachdem der Betriebsrat der Beklagten über den Beschluss vom 03.04.2002 Mitteilung gemacht hatte (Bl. 10 d.A.), widersprach diese mit Schreiben vom 08.04.2002 (Bl. 9 d.A.) einer Teilnahme des Klägers an dem streitigen Seminar und teilte dem Betriebsrat mit, dass für die Teilnahme an diesem Seminar keine Kosten, insbesondere keine Entgeltfortzahlung und Seminargebühren, übernommen würden. Mit Schreiben vom 10.04.2002 (Bl. 8 d.A.) hielt der Betriebsrat an seinem Beschluss vom 03.04.2002 fest.
Am 15.04.2002 nahm der Kläger an dem ganztätigen Seminar in Sprockhövel teil.
Zum Zeitpunkt dieser Teilnahme an dem streitigen Seminar vom 15.04.2002 hatte die IG Metall im Rahmen der Tarifrunde 2002 die Gebiete Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg zu „Kampfgebieten” erklärt.
Für den 15.04.2002 zahlte die Beklagte an den Kläger kein Arbeitsentgelt.
Mit Schreiben vom 21.05.2002 (Bl. 5 d.A.) machte der Kläger für den 15.04.2002 seinen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt 137,63 EUR brutto geltend.
Nachdem die Beklagte eine Zahlung abgelehnt hatte, erhob der Kläger am 17.06.2002 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Teilnahme an dem Seminar vom 15.04.2002 sei erforderlich gewesen, da die Schulungsmaßnahme Kenntnisse vermittelt habe, die für die Arbeit eines Betriebsratsmitgliedes erforderlich seien. Unstreitig habe es im April 2002 Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie gegeben. Hieraus habe sich ein aktueller Schulungsbedarf ergeben. Arbeitskämpfe seien nicht an der Tagesordnung, entsprechende Maßnahmen fänden plötzlich und unangekündigt statt, so dass ein Betriebsrat in einem potentiellen Arbeitskampfgebiet auch ständig damit rechnen müsse. Auch in Nordrhein-Westfalen habe es Warnstreiks gegeben, es habe auch mit Fernwirkungen von Arbeitskampfmaßnahmen gerechnet werden müssen.
Eine konkrete Aufgabenaufteilung im Betriebsrat, wonach er, der Kläger, für Themen, wie sie in der streitigen Schulungsveranstaltung behandelt worden seien, zuständig sei, habe es im Betriebsrat nicht gegeben. Der Betriebsrat habe seinerzeit erwogen, dass ein Mitglied an der Schulungsmaßnahme teilnehmen solle, weil dies für erforderlich gehalten worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 137,63 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe die eingeklagte Vergütung auch nicht nach § 37 Abs. 6 BetrVG zu, da die Schulungsveranstaltung in keiner Weise für die Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen sei. In Nordrhein-Westfalen habe im Rahm...