Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Arbeitnehmers auf Beseitigung einer Abmahnung aus seiner Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Einem Arbeitnehmer steht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte zu, sofern diese für Zwecke des Dienstverhältnisses nicht länger benötigt wird. Hiervon ist auszugehen, wenn arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen nicht (mehr) bestehen.
Normenkette
BGB § 280; TV-Ärzte/VKA §§ 27, 22; DSGVO Art. 17 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 07.12.2021; Aktenzeichen 2 Ca 450/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 07.12.2021 - 2 Ca 450/21 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Abmahnung vom 07.04.2021 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 71% und die Beklagte zu 29%.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Entfernung einer Abmahnung sowie Schadensersatz wegen Entzuges einer Verdienstmöglichkeit.
Der Kläger war vom 01.02.2020 bis zum 30.09.2021 als Oberarzt bei der Beklagten beschäftigt. Die Einzelheiten regelt der Arbeitsvertrag vom 16.12.2019. Dessen § 3 bestimmt:
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für das Klinikum A jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages auf Bl. 7-9 der Akte verwiesen.
Mit Schreiben vom 06.10.2020 (vgl. Bl. 15 der Akte) bestätigte die Beklagte dem Kläger: "(...) Ein Teil Ihrer dienstlichen Aufgaben beinhaltet die Übernahme von Rufbereitschaftsdiensten für den Operationssaal und Notfallbehandlung. Die Dienstbereitschaften umfassen 24 Stunden, Tag und Nacht sowie an Wochenenden und Feiertagen."
Für den Zeitraum 01.11.2020 bis 30.06.2021 vereinbarten die Parteien eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 80 %. Die entsprechende Vereinbarung vom 14.12.2020, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 115, 116 der Akte Bezug genommen wird, enthält folgende Regelung:
"Hinsichtlich der Dienstverpflichtungen absolviert Herr OA B. vier Rufdienste, davon einen Samstag-/Sonntag-Dienst sowie einen Freitag-Dienst.
Diese Regelung ist erforderlich, da ansonsten eine gerechte und gesetzeskonforme Verteilung der Wochenenddienste auf die anderen Oberärzte nicht mehr gewährleistet wäre."
Unter dem 07.04.2021 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung. Darin wirft sie dem Kläger vor, er habe am 06.02.2021 während seines Rufbereitschaftsdienstes seine Pflichten aus § 10 Abs. 8 S. 1 TV-Ärzte/VKA verletzt, indem er nicht schnell genug nach einer telefonischen Benachrichtigung durch den Operateur im Operationssaal erschienen sei. Dadurch habe der zu operierende Patient länger als notwendig narkotisiert werden müssen. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf Bl. 10, 11 der Akte verwiesen.
Seit dem 01.03.2021 erbrachte der Kläger aus unterschiedlichen Gründen keine Arbeitsleistung. Er war entweder arbeitsunfähig erkrankt, beurlaubt, betreute seine Kinder "pandemiebedingt" (so der Kläger) bzw. wegen Erkrankung der Kinder (so die Beklagte), er war auf Grund der Teilzeit-Vereinbarung nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet oder er fehlte unentschuldigt.
Mit E-Mail vom 21.05.2021 (vgl. Anlage B 5, Bl. 91 d. A.) teilte der Kläger der Personalabteilung der Beklagten mit: "(...) Wenn Sie oder jemand anderen weiß, wann die Pandemie beendet wird und die Schulen wieder in Vollbetrieb zurückkehren werden, bitte ich Sie diese Info mir mitzuteilen. Bis dahin, betreue ich meine Kinder weiter ... Hiermit und aufgrund der pandemiebedingten Kinderbetreuung melde ich mich bis zum 06.06.2021 vom Dienst ab. Anschließend und je nach der pandemischen Situation melde ich mich wieder bei Ihnen und beim Herrn C.. (...)" Darauf reagierte die Beklagte mit E-Mail vom 26.05.2021 (vgl. Bl. 227 d. A.). Darin heißt es, soweit hier von Interesse: "(...) Es ist davon auszugehen, dass die Betreuung Ihrer Kinder außerhalb der Regelarbeitszeit auch im Wechsel mit Ihrer Frau erfolgen kann. Wir weisen Sie daher an am Freitag, den 28.05.2021 und am Montag, den 31.05.2021 jeweils einen Bereitschaftsdienst zu übernehmen. Der Dienst beginnt jeweils um 15:45 Uhr und endet am darauf folgenden Tag um 9 Uhr. Es handelt sich bei beiden Diensten um Anwesenheitsdienste." Der Kläger erschien zu den genannten Diensten nicht.
Im Januar und April 2021 gewährte die Beklagte dem Kläger insgesamt zehn Tage Urlaub. Für den Zeitraum 02. bis 22.08.2021 genehmigte die Be...