Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursrechtliche Einordnung der aus Durchgriffshaftung erwachsenen und auf die Bundesanstalt übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche
Leitsatz (amtlich)
Die auf konzernrechtlicher Durchgriffshaftung beruhenden und auf die Bundesanstalt gemäß § 59 Abs. 2 KO, 141 m AFG übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche sind als Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 1 a KO zu berichtigen.
Normenkette
KO § 59 Abs. 2, 1 Nr. 3, § 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; AFG § 141m
Beteiligte
die Bundesanstalt für Arbeit |
Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, dieser vertreten durch den Präsidenten des Landesarbeitsamtes NRW |
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 14.03.2001; Aktenzeichen 2 Ca 567/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.07.2000 – 2 Ca 567/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 739.222,77 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den konkursrechtlichen Rang von Ansprüchen, die aus konzernrechtlicher Durchgriffshaftung erwachsen und auf die Klägerin übergegangen sind.
Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtgerichts Gütersloh vom 31.03.1993 zum Konkursverwalter über das Vermögen der H1xxxxxx Möbelwerke GmbH & Co. KG (Vertriebsgesellschaft), der W2xxxxxxx H1xxxxxx GmbH & Co. KG (Produktionsgesellschaft) und der Hanhardt Verwaltungsgesellschaft mbH bestellt, die als Komplementärin der beiden Gesellschaften fungierte.
In dem Vorverfahren Arbeitsgericht Bielefeld 4 Ca 1650/94 ist rechtskräftig entschieden, dass die Besitzgesellschaft, die Hanhardt Möbelwerke GmbH & Co. KG, für die Betriebsrenten- und Versorgungsansprüche der 300 bei Konkurseröffnung beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Wohnmöbel Hanhardt GmbH & Co. KG haftet. Nach dem Urteil des BAG vom 08.09.1998 – 3 AZR 185/97 – ist zwischen den Parteien geklärt, dass die Voraussetzungen für die von der Rechtsprechung entwickelten Durchgriffshaftung im faktischen Konzern erfüllt sind. Insbesondere ist streitlos, dass die Gemeinschuldnerin für die auf die Klägerin übergegangenen Vergütungsforderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haftet. Umstritten ist allein der konkursrechtliche Rang der Forderungen, die die Klägerin sowohl zur Konkurstabelle des Konkurses der Wohnmöbel H1xxxxxx GmbH & Co. KG als auch des Konkurses der H1xxxxxx Möbelwerke GmbH & Co. KG angemeldet hat.
Die Klägerin zahlte an die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Konkursausfallgeld in Höhe von insgesamt 2.896.945,35 DM. Der Beklagte erstattete als Konkursverwalter der Wohnmöbel H1xxxxxx GmbH & Co. darauf insgesamt einen Betrag von 1.759.679,46 DM. Offen ist noch ein Betrag in Höhe von 1.137.265,89 DM, den die Klägerin mit der vorliegenden am 28.02.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage als bevorrechtigte Konkursforderung gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO durchsetzen will. Der Beklagte hat die Forderung nur als sonstige Konkursforderung gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO anerkannt und ihre Bevorrechtigung nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO bestritten. Bevorrechtigte Forderungen nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO können von dem Beklagten zu 100 % befriedigt werden, während die Quote für eine Forderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO nur 35 % beträgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Forderung der Klägerin gegenüber der Fa. H1xxxxxx M1xxxxxxxx GmbH & Co. KG in Höhe von 1.137.265,89 DM zur Konkurstabelle als bevorrechtigte Forderung gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag durch Urteil vom 04.07.2000 entsprochen, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 591.378,26 DM festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig, weil das erforderliche Feststellungsinteresse nach den §§ 256 ZPO, 146 KO gegeben sei. Die Klage sei auch begründet, denn der Anspruch der Klägerin sei nach den Grundsätzen der konzernrechtlichen Durchgriffshaftung eine bevorrechtigte Konkursforderung im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO. Es handele sich dabei nämlich um Arbeitsentgeltansprüche im Sinne von § 59 Abs. 2 KO. Nichts anderes ergäbe sich, wenn man die Ansprüche aus konzernrechtlicher Durchgriffshaftung als Schadensersatzansprüche definiere, denn es gehe um die Haftung für ausgefallene Arbeitsentgeltansprüche. Die Gemeinschuldnerin sei wie eine Arbeitgeberin der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu behandeln, die die vertraglich begründeten Vergütungsansprüche zu erfüllen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Mit der dagegen eingelegten Berufung wendet sich der Beklagte in vollem Umfang gegen die Entscheidung des Arbe...