Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsklausel und Anspruch auf Karenzentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.10.1981 (– 3 AZR 1013/78 – EzA § 74 HGB Nr. 39) enthält keine allgemeine Auslegungsregel, wonach Ausgleichsklauseln in Verträgen im Zweifel Ansprüche auf Karenzentschädigung nicht umfassen. Solche Klauseln sind vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen.
Normenkette
HGB § 74
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 07.09.2000; Aktenzeichen 4 Ca 923/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 07.09.2000 – 4 Ca 923/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Karenzentschädigung aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in Anspruch.
Der 42 Jahre alte Kläger ist von Beruf Diplom Chemieingenieur und war in der Zeit vom 01.11.1995 bis zum 31.12.1999 bei der Beklagten beschäftigt. Er erzielte zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von 13.540,00 DM. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26./16.10.1995 zugrunde. Er enthielt unter Ziffer 11) das folgende Wettbewerbsverbot:
„Der Dienstnehmer verpflichtet sich, für den Zeitraum von 2 Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die bei der Gesellschaft erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen nicht zum Zweck des Wettbewerbs durch die gleichartige oder ähnliche Beschäftigung bei Konkurrenzfirmen innerhalb Deutschlands und der europäischen Staaten zu verwenden, auch nicht durch beratende Tätigkeit oder in sonstiger Form. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich auf alle Arbeitsgebiete, auf denen der Dienstnehmer als Mitarbeiter der Gesellschaft tätig war.
Die Gesellschaft verpflichtet sich, dem Dienstnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine monatliche Entschädigung in Höhe von 75 % seines letzten festen monatlichen Grundgehaltes zu zahlen. Die Entschädigung ist am Schluß eines jeden Monats fällig. Die Anrechnung eines anderweitigen Verdienstes bzw. möglichen Verdienstes bei Unterlassen erfolgt gemäß § 74 c HGB. Der Dienstnehmer ist verpflichtet, der Gesellschaft über die Höhe der anderweitigen Einkünfte Auskunft zu geben.
Die Gesellschaft kann vor Ablauf des Vertrages schriftlich auf das Wettbewerbsverbot ganz oder teilweise verzichten. In einem solchen Fall entfällt für die Gesellschaft die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung ganz oder teilweise.
Ergänzend gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff HGB.”
Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung der Beklagten vom 30.06.1999 zum 31.12.1999. Hiergegen hatte der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Im Laufe des Rechtsstreits schlossen die Parteien zur Vermeidung einer weiteren arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung am 22.09.1999 außergerichtlich eine Vereinbarung, in der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1999 gegen Zahlung einer Abfindung von 68.000,00 DM festgelegt wurde. In die Berechnung der Abfindung sind Arbeitsentgeltansprüche des Klägers für Januar bis März 2000 eingeflossen. Außerdem war in der Vereinbarung bestimmt, dass der Kläger freigestellt würde und er bis zum Vertragsende seine vertraglichen Bezüge erhielte. Bei vorzeitigem Ausscheiden des Klägers sollte sich die Abfindung erhöhen. Darüber hinaus wurde eine Regelung zum vom Kläger genutzten Firmenfahrzeug, zur Tantieme, zur Herausgabe von Firmenunterlagen sowie über die Erteilung eines Zwischenzeugnisses getroffen. Der Kläger verpflichtete sich, seine Kündigungsschutzklage zurückzunehmen. Schließlich vereinbarten die Parteien die folgende Ausgleichsklausel:
„Herr H4xx und die Firma A1xxxxx GmbH sind sich einig, dass mit der Erfüllung dieser Vereinbarung keine Ansprüche gleich aus welchem Rechtsgrund, aus dem Arbeitsverhältnis sowie aus seiner Beendigung mehr gegeneinander bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Dienstverhältnis sowie auf seine Beendigung Ansprüche irgendwelcher Art herleiten lassen.”
Zum Inhalt der abgeschlossenen Vereinbarung im Einzelnen wird auf Blatt 24/25 der Akte verwiesen.
Mit Schreiben vom 18.10.1999 (Bl. 26 d.A.) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er davon ausgehe, dass das Wettbewerbsverbot weiterhin Bestand habe und er daran gebunden sei. Zugleich bat er um Bestätigung, dass die im Rahmen des Wettbewerbsverbotes zugesicherte Entschädigung ab Januar 2000 gezahlt werde. In Beantwortung dieser Anfrage erklärte die Beklagte durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22.10.1999 (Bl. 9 d.A.) den Verzicht auf das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot und verzichtete außerdem im Sinne des Arbeitsvertrages zusätzlich ganz auf das Wettbewerbsverbot. Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 17.12.1999 (Bl. 23 d.A.) mit, dass der Verzicht der Beklagten nach § 75 a HGB zum 31.10.2000 wirke und er selbst an dem Wettbewerbsverbot festhalten werde. Zugleich bat er u...