Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit. Grundsätze zur Ermessensprüfung. Direktionsrecht. billiges Ermessen. Eingruppierung. Vertretung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Vertretung muss im Zeitpunkt der Übertragung ein notwendiger Zusammenhang zwischen dem vorübergehenden höherwertigen Einsatz des Angestellten und der vorübergehend unbesetzten Stelle des Vertretenen vorliegen.
2. Der Arbeitgeber ist darlegungspflichtig dafür, dass zum Zeitpunkt der Übertragung diese Zuordnung zwischen Vertreter und Vertretenem aufgrund konkreter Dispositionen des Arbeitgebers bestanden hat.
Normenkette
BAT § 22 Abs. 1-2, § 24 Abs. 1; BGB § 315 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 12.06.2002; Aktenzeichen 4 Ca 280/00) |
Tenor
Die Berufung des beklagten L3xxxx gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 10.05.2000 wird auch insoweit zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das beklagte L1xx verpflichtet ist, an die Klägerin ab 28.01.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zu zahlen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges und der Berufung werden der Klägerin zu 3/10 und dem beklagten L1xx zu 7/10 auferlegt. Die Kosten der Revision hat das beklagte L1xx zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Klägerin Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zusteht. Dabei geht es darum, ob das beklagte L1xx der Klägerin eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zuweisen durfte oder ob die höherwertige Tätigkeit der Klägerin auf Dauer zusteht.
Die am 27.07.1960 geborene Klägerin, die eine Berufsausbildung als Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin abgeschlossen hat, steht seit dem 01.08.1981 zunächst aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags und seit dem 04.02.1982 unbefristet in den Diensten des beklagten L3xxxx im Versorgungsamt G2xxxxxxxxxxx. Für das Arbeitsverhältnis gelten kraft Tarifgebundenheit beider Parteien und der Vereinbarung im Arbeitsvertrag die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT).
Die Klägerin, deren Nachname seinerzeit K2xxxx lautete, war zunächst im Schreibdienst und im Assistenzbereich der Rentenabteilung des Versorgungsamts beschäftigt und erhielt zuletzt eine Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT.
Von Mai 1994 bis Mai 1996 nahm die Klägerin an einer Fortbildungsmaßnahme für Angestellte mit der inhaltlichen Ausrichtung auf einen künftigen Einsatz in Tätigkeiten des mittleren Dienstes teil.
Vom 29.04.1996 bis 28.10.1996 war die Klägerin gemäß der Übertragungsverfügung vom 26.04.1996 vorübergehend zur Erprobung als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) eingesetzt.
Dem weiteren Einsatz der Klägerin als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes liegen folgende Übertragungsverfügungen des Leiters des Versorgungsamts G2xxxxxxxxxxx zugrunde:
Die erste Übertragungsanordnung vom 24.10.1996 lautete:
- „Erprobungszeit
- Vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gemäß § 24 Abs. 2 BAT
Sehr geehrte Frau K2xxxx,
mit Ablauf des 28.10.1996 wird Ihre Erprobungszeit erfolgreich beendet sein.
Ab 29.10.1996 werden Sie gemäß § 24 Abs. 2 BAT vertretungsweise als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 eingesetzt. Die Tätigkeit entspricht den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 a BAT und damit einer höheren als Ihrer derzeitigen Vergütungsgruppe.
Vertretungsgrund ist der bis zum 31.08.1997 befristete vorübergehende Einsatz der Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes Frau RHS'in L2xxx im gehobenen Dienst. Sie vertreten Frau L2xxx bis zum 31.08.1997.”
Verlängerungen dieser Vertretung erfolgten durch Verfügung vom 19.08.1997 (Bl. 8 d.A.) bis zum 31.10.1997, durch Verfügung vom 29.09.1997 (Bl. 9 d.A.) bis zum 31.03.1998, durch Verfügung vom 30.03.1998 (Bl. 10 d.A.) bis zum 31.12.1998 und durch Verfügung vom 19.11.1998 (Bl. 11 d.A.) bis zum 30.06.1999.
Mit der letzten Übertragungsverfügung vom 07.06.1999 teilte das beklagte L1xx der Klägerin u.a. Folgendes mit:
„Vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gemäß § 24 Abs. 2 BAT
Mein Schreiben vom 19.11.1998 – 1/1 – 2212 –
Sehr geehrte Frau K2xxxx,
ab 01.07.1999 werden Sie im Anschluss an den bis zum 30.06.1999 dauernden Einsatz weiterhin vertretungsweise gemäß § 24 Abs. 2 BAT als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 eingesetzt.
Vertretungsgrund ist nunmehr der verlängerte Einsatz der Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes Frau K3xxxxxxxxx im gehobenen Dienst.
Sie vertreten Frau K3xxxxxxxxx bis zum 07.09.2000. Bezüglich der zustehenden Zulage erhalten Sie weitere Nachricht vom Landesamt für Besoldung und Versorgung in Düsseldorf.”
Mit Schreiben vom 27.03.2000 widerrief das beklagte L1xx „mit Wirkung vom 01.04.2000” diese vorübergehende Übertragung. Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils wurde die Klägerin seit dem 11.05.2000 wieder als Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 eingesetzt.
Der Antrag der...