Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahme von Vergünstigungen durch einen ordentlich unkündbaren Filialleiter einer Bankfiliale einer Sparkasse mit der Folge einer außerordentlichen Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Anmietung eines Wohnmobils zu ungewöhnlichen, aber marktgerechten Konditionen durch einen Filialleiter der Sparkasse bei Kunden stellt keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 TVöD-S dar.

 

Normenkette

TVöD-S § 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 12.03.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1958/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 12.03.2010 – 1 Ca 1958/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.12.2009 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 12.04.1994 als Filialleiter weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche Kündigung der Beklagten.

Der am 01.01.1962 geborene, verheiratete, gegenüber keinem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 02.05.1994 als Filialleiter der Filiale B4 der Beklagten bei dieser tätig.

Aufgrund eines Bescheides des Versorgungsamtes Bielefeld vom 20.04.1991 liegt bei ihm ein GdB von 40 % vor.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 12.04.1994 (Bl. 90 d.A.) zugrunde. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden Fassung. Seit dem 01.10.2005 ist der TVöD-S anwendbar.

Der Kläger ist Ersatzmitglied des Personalrats und nahm am 17.06.2009 an einer Personalratssitzung teil.

Gemäß § 3 Abs. 2 TVöD-S dürfen die Beschäftigten von Dritten Belohnungen, Geschenke, Provisionen oder sonstige Vergünstigungen in Bezug auf ihre Tätigkeit nicht annehmen. Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Werden den Beschäftigten derartige Vergünstigungen angeboten, haben sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen.

Ergänzend besteht bei der Beklagten eine Dienstanweisung vom 12.11.2008 über Verhaltensgrundsätze für alle Beschäftigten (Bl. 22 bis 29 d.A.). In dieser finden sich Regelungen zu Geschenken und Zuwendungen (Bl. 27 bis 29 d.A.). Das Fordern von Geld- und Sachgeschenken sowie das Geben und Annehmen von Geldgeschenken ist verboten, es sei denn, es handelt sich um Aufmerksamkeiten oder Annehmlichkeiten von unbedeutendem Wert, die offen, nicht ohne besonderen Anlass und nicht wiederholt gegeben werden. Als Geschenke und Zuwendungen gelten Sachwerte, Zuwendungen jeglicher Art, Dienstleistungen, Einladungen, Gefälligkeiten, Rabatte etc.. Die Annahme solcher Geschenke ist gegenüber der vorgesetzten Führungskraft unaufgefordert offenzulegen. Diese hat neben der Wertgrenze auch die Häufigkeit als Kriterium zu bewerten. Einen Anhaltspunkt zum tolerierbaren Wert bietet die steuerliche Grenze von z.Z. 40,00 EUR.

Der Kläger betreute im Rahmen seiner Tätigkeit seit Jahren die Geschäftskontenbeziehungen zu immer wieder wechselnden Unternehmen mit Bezug auf die Automobilbranche (Reimporte), die jeweils den Eheleuten H4 und H9 R6 zuzuordnen waren. Seit dem Jahre 2005 wurden die auf den Konten verbuchten Transaktionen immer wieder im Rahmen des Geldwäscheresearches auffällig. Auch aufgrund der Einschätzungen und Erläuterungen des Klägers ließ sich ein konkreter Geldwäscheverdacht nicht erhärten.

Seit dem Jahr 2003 kam es wiederholt zu Pfändungen betreffend die Konten der Kundengruppe. Überwiegend handelte es sich um Pfändungen der Finanzverwaltung wie 2007 in einer Größenordnung von mehr als 6 Millionen Euro.

Bis in das Jahr 2009 gab es Auskunftsersuchen der Steuerfandung O1, nach Kenntnis der Beklagten wegen des Verdachtes von sogenannten Umsatzsteuerkarussellgeschäften.

Im Sommer 2009 wurde eine Bareinzahlung auf das Privatkonto von H9 R6 in einer Größenordnung von 430.000,00 EUR angekündigt. Für die Beklagte ergab sich ein neuer Gesichtspunkt bezüglich eines Verdachtes auf Geldwäsche.

Im Oktober 2009 entschied ihr Vorstand, sämtliche Kontenbeziehungen zu der Kundengruppe R6 zum 30.11.2009 zu kündigen. Die Kündigungen wurden mit Datum vom 12.10.2009 schriftlich ausgesprochen. Der Kläger erhielt Kenntnis per E-Mail vom 09.10.2009 (Bl. 59 d.A.) sowie durch Überlassung von Durchschriften der Kündigungsschreiben.

Am 27.11.2009 wirkte der Kläger an der Eröffnung eines Geschäftsgirokontos auf den Namen G4 F3 mit. Dieser war Geschäftsführer der Firma A4 Automobile R7, die der R6-Gruppe zuzuordnen ist.

Mit E-Mail vom 02.12.2009 fragte der Kläger im Vorstandssekretariat der Beklagten an, wie er mit dem Wunsch der Familie R6 umgehen solle, ein Geschäftskonto auf den ...

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