Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit;. Direktionsrecht. Rechtsmissbrauch: Verwirkung, Eingruppierung, Vertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT darf als tarifvertragliches Gestaltungsmittel nicht funktionswidrig verwendet werden. Sie bedarf eines sachlichen Grundes für die Übertragung selbst und für die Dauer der Übertragung. Bei der Übertragung von Daueraufgaben liegt ein solcher sachlicher Grund nicht vor.

Die Unwirksamkeit einer vorübergehenden Übertragung nach § 24 BAT führt dazu, dass die höherwertige Tätigkeit als auf Dauer im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BAT übertragen gilt mit der Folge, dass der Angestellte auch einen Anspruch auf Beschäftigung mit der höherwertigen Tätigkeit auf Dauer erworben hat.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 315 Abs. 1, 3; BAT §§ 22, 24

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 16.05.2000; Aktenzeichen 2 Ca 3065/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.06.2002; Aktenzeichen 4 AZR 452/01)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des beklagten L.1xxxx wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 16.05.2000 – 2 Ca 3065/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das beklagte L.2xx ist verpflichtet, an den Kläger für die Zeit vom 01.06.1999 bis zum 30.06.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT/BL zu zahlen.

Die Kosten der Berufung werden dem beklagten L.2xx auferlegt. Die Kosten der teilweisen Klagerücknahme hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers.

Der am 05.01.1972 geborene Kläger ist verheiratet und hat ein Kind.

In der Zeit vom 01.08.1991 bis zum 06.07.1994 wurde der Kläger von dem beklagten L.2xx im Versorgungsamt in G.4xxxxxxxxxxx als Verwaltungsfachangestellter ausgebildet.

Auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 07.07.1994 wurde der Kläger in ein Arbeitsverhältnis übernommen, zunächst befristet und ab 03.08.1994 unbefristet. In dem Arbeitsvertrag vom 07.07.1994 wurde u.a. Folgendes vereinbart:

㤠2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

§ 4

Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1a/1b zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT).

…”

Seit dem 05.07.1998 wird der Kläger nach der Vergütungsgruppe VII BAT vergütet. Das beklagte L.2xx teilte dem Kläger die Höhergruppierung u.a. wie folgt mit:

„Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII, Fg. 2 BAT

Sehr geehrter Herr S.3xxxxxxxxxxx,

mit Wirkung vom 05.07.1998 werden Sie im Wege des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe VII, Fg. 2 BAT eingruppiert.”

In der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1995 leistete der Kläger seinen Wehrdienst ab.

In der Zeit vom 22.02.1996 bis zum 31.03.2000 war der Kläger als Sachbearbeiter in der Erziehungsgeldkasse tätig, unterbrochen von drei vertretungsweisen Einsätzen in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz). In der Abteilung Schwerbehindertengesetz war der Kläger drei Wochen im Oktober 1996, in der Zeit vom 01.10.1997 bis zum 05.04.1998 sowie zwei Wochen im Januar 1999 tätig.

Wegen der Organisation des Versorgungsamts G.4xxxxxxxxxxx wird auf die Organigramme (Bl. 153, 154 d.A.) verwiesen.

Der Kläger hatte als Sachbearbeiter in der Erziehungsgeldkasse folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Bearbeitung von Anträgen auf Gewährung von Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz

60 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

2. Erteilung von Änderungs- oder Aufhebungsbescheiden

35 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

3. Bearbeitung sonstiger Angelegenheiten

5 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

Wegen der Einzeltätigkeiten und der Bewertung der Arbeitsvorgänge wird auf die Arbeitsplatzbeschreibung, Stand 03/01, (Bl. 160 ff d.A.) verwiesen.

Als Sachbearbeiter im Fachdienst der Abteilung Schwerbehindertenrecht hatte der Kläger folgende Aufgaben durchzuführen:

1. Bearbeitung von Anträgen nach §§ 3, 4 SchwbG auf Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und weiterer gesundheitlicher Merkmale sowie Ausweisausstellung (Erstanträge)

55 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

2. Bearbeitung von Änderungsanträgen (§ 48 SGB X.)

35 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

3. Bearbeitung von sonstigen Ausweis-und Beiblattangelegenheiten

10 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

Wegen der Einzeltätigkeiten und der Bewertung der Arbeitsvorgänge wird auf die Arbeitsplatzbeschreibung Stand 02/01 (Bl. 150 bis 155 d.A.) und wegen der Arbeitsabläufe auf die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 16.03.2001 (Bl. 135 ff d.A.) verwiesen.

Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass die vom Kläger auszuübende Sachbearbeitertätigkeit sowohl in der Erziehungsgeldkasse als auch in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) den Tätigkeitsme...

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