Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikation, tariflich Tarifauslegung Wegfall des Anspruches bei längerer Erkrankung und Arbeitslosengeldbezug
Leitsatz (amtlich)
Nach den Bestimmungen des Tarifvertrages über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW vom 11.12.1996 haben auch langfristig erkrankte Arbeitnehmer, die nach Aussteuerung durch die Krankenkasse Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG beziehen, Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung. Eine Kürzung oder ein Ausschluß der Sonderzahlung kommt nach der Protokollnotiz zur § 2 Nr. 6 TV 13. ME auch in der Fassung des Tarifvertrages vom 11.12.1996 nicht in Betracht, weil die Protokollnotiz nicht zwischen kurzzeitig erkrankten Arbeitnehmern und langfristig Erkrankten differenziert (im Anschluß an: BAG, Urteil vom 22.05.1995 und 11.10.1995 – AP Nr. 123 und 133 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie).
Normenkette
BGB § 611; TV 13. Monatseinkommen in der Metallindustrie NRW vom 11.12.1996
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 30.06.1998; Aktenzeichen 5 Ca 642/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 30.06.1998 – 5 Ca 642/98 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines tariflichen 13. Monatseinkommens für das Jahr 1997.
Der am 23.03.1950 geborene Kläger, einem Schwerbehinderten gleichgestellt, war seit dem 01.01.1978 bei der Beklagten im Arbeitsverhältnis beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft IG Metall, die Beklagte Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW.
Seit dem 06.04.1994 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und hat seither keine Arbeitsleistung mehr für die Beklagte erbracht. Nachdem der Kläger kein Krankengeld von seiner Krankenkasse mehr erhielt, bezieht er etwa seit Oktober 1995 bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG.
Spätestens seit dem 01.07.1995 bezieht der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente.
Ein Antrag der Beklagten vom 22.10.1996 bei der Hauptfürsorgestelle auf Zustimmung zur Kündigung des Klägers war erfolglos.
Anfang 1998 machte der Kläger die Zahlung des tariflichen 13. Monatseinkommens nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens – TV 13. ME – für das Jahr 1997 in Höhe von 2.401,06 DM brutto geltend.
Da die Beklagte im Hinblick auf die Erkrankung des Klägers die Zahlung ablehnte, erhob der Kläger am 23.03.1998 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch trotz seiner Erkrankung das 13. Monatseinkommen nach den Bestimmungen des TV 13. ME für das Jahr 1997 zu. Nach der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 TV 13. ME ruhe nämlich das Arbeitsverhältnis bei Erkrankung eines Arbeitnehmers nicht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 2.401,06 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 26.03.1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Gewährung eines 13. Monatseinkommens nach den tariflichen Bestimmungen nicht zu, weil das Arbeitsverhältnis ruhe. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, insbesondere aufgrund der Entscheidungen vom 09.08.1995 – 10 AZR 539/95 – und vom 10.04.1996 – 10 AZR 600/95 – ruhe nämlich das Arbeitsverhältnis, wenn der langjährig erkrankte Arbeitnehmer Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG beziehe und nicht zu erwarten sei, daß der Arbeitnehmer jemals wieder eine Arbeitsleistung für den Arbeitgeber erbringe. Der Kläger beziehe daneben auch noch eine Berufsunfähigkeitsrente. Auch im vorliegenden Fall müsse davon ausgegangen werden, daß die Parteien stillschweigend das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart hätten und das Arbeitsverhältnis nur noch formal fortbestehe.
Durch Urteil vom 30.06.1998 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe das tarifliche 13. Monatseinkommen nach den Bestimmungen des TV 13. ME trotz seiner Erkrankung zu. Der Anspruch sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ruhe. Nach der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 6 Satz 1 TV 13. ME würden nämlich erkrankte Arbeitnehmer nicht von der Ruhensregelung in § 2 Nr. 6 Abs. 1 TV 13. ME erfaßt. Eine Kürzung der Sonderzahlung bei erkrankten Arbeitnehmern komme damit nicht in Betracht.
Gegen das der Beklagten am 13.07.1998 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im übrigen Bezug genommen wird, ha...