Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderung an die Geltendmachung der Masseunzulänglichkeit im Konkurs – Rangstellung des Entgeltanspruchs bei Rückfall wegen nur teilweiser Kaug-Zahlung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitnehmer braucht, soweit er Massegläubiger geworden ist, seine Forderungen im Konkursverfahren nicht anzumelden. Verlangt er als Gläubiger einer Masseforderung Zahlung und steht bereits im Erkenntnisverfahren fest, daß die Masse zur vollen Befriedigung der Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse nicht ausreicht, so darf das Gericht den Konkursverwalter nicht ohne Einschränkung verurteilen. Die Rang- und Quotenordnung des § 60 Abs. 1 KO ist zwar bereits dann anzuwenden, wenn ernstlich mit einer Masseunzulänglichkeit zu rechnen ist, die Leistungsklage eines Massegläubigers ist jedoch erst dann unzulässig, wenn feststeht, daß die Konkursmasse zur Befriedigung der Massekosten und Masseschulden nicht ausreicht.
2. Im Streitfall trägt der Konkursverwalter die Darlegungs- und Beweislast für die bereits eingetretene oder jedenfalls drohende Unzulänglichkeit der Masse. Hat der Konkursverwalter die Masseunzulänglichkeit nicht im Amtsblatt bekannt gemacht, dann wird man von ihm im Rahmen des Übergangsrechts (Art. 103 EGInsO) – anders als nach neuem Insolvenzrecht (§ 208 Abs. 2 Satz 1 InsO) – noch die Vorlage eines zeitnahen Massestatus, an dessen Zahlenwerk sich die Masseunzulänglichkeit ablesen läßt, verlangen müssen. Die bloße Behauptung in der mündlichen Verhandlung, das Konkursverfahren sei massearm, genügt auf keinen Fall, um die Leistungsklage des Arbeitnehmers als unzulässig erscheinen zu lassen.
3. Der Arbeitnehmer verliert bereits mit der Beantragung von Kaug die Aktivlegitimation nicht bloß hinsichtlich seines Nettolohn- oder -gehaltsanspruchs, sondern hinsichtlich seines gesamten Bruttolohn- oder -gehaltsanspruchs, denn an die Stelle des Entgeltanspruchs tritt der Kaug-Anspruch gegen die Bundesanstalt für Arbeit. Der Anspruchsübergang nach der Vorschrift des § 141 m Abs. 1 AFG, die weiterhin anzuwenden, wenn das Insolvenzereignis vor dem 01.01.1999 eingetreten ist (§ 430 Abs. 5 SGB III), führt jedoch lediglich dazu, daß das Gericht den Entgeltanspruch gegenüber dem Konkursverwalter so lange nicht zuerkennen darf, wie über den Antrag auf Kaug nicht abschließend entschieden ist oder er sich nicht anderweitig erledigt hat. Wird Kaug nicht für den vollen Drei-Monats-Zeitraum, sondern lediglich zeitanteilig bis zur vorzeitigen, d.h. vor Verfahrenseröffnung liegenden tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt, dann fällt der Entgeltanspruch für die (restliche) Zeit bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer zurück.
4. Der infolge der Nichtgewährung von Kaug an den Arbeitnehmer zurückgefallene Anspruch auf Entgeltzahlung erhält (wieder) die Rangstellung des § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO erhalten (im Anschluß an LAG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.1999 – 18/16 Sa 194/99. ZInsO 1999, 601). Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 59 Abs. 2 Satz 1 KO. Nach dieser Vorschrift werden die in § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO bezeichneten Ansprüche bei Forderungsübergang auf die Bundesanstalt für Arbeit zwar nur als Konkursforderungen mit dem Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO berichtigt, um die Konkursmasse zu Lasten der Kaug-Versicherung zu entlasten. Dieses Ziel kann nicht aber mehr erreicht werden, wenn ein Anspruch auf Kaug-Zahlung ausscheidet, weil die Folgen dann unmittelbar die Arbeitnehmer trifft, die gerade durch die Kaug-Versicherung geschützt werden sollen. Mithin besteht nach der Ablehnung des Kaug-Anspruchs kein Grund mehr für die Herabstufung des Entgeltanspruchs auf den Rang einer lediglich bevorrechtigten Konkursforderung.
5. Es handelt sich hierbei nicht etwa um die Einräumung eines Wahlrechts zwischen Masseforderung und der Inanspruchnahme von Kaug. Vielmehr ist das Wiederaufleben der ursprünglichen Einstufung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt als Masseschuldforderung im Rang des § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO die notwendige Konsequenz des Zurückfallens auf den Arbeitnehmer nach Beantragung und Ablehnung des Kaug. Bei Arbeitnehmern, die sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vor Verfahrenseröffnung zur Wehr setzen, würde jede andere Betrachtungsweise – anders als bei den sog. institutionellen Massegläubigerinnen wegen rückständiger Pflichtbeiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung – nicht bloß zu einer Rangherabstufung, sondern wegen der Versäumung der Antragsfrist des § 141 e Abs. 1 AFG vielfach zum völligen Rechtsverlust führen.
6. Spricht der Arbeitgeber mehrere Kündigungen aus, so muß der Arbeitnehmer sich grundsätzlich gegen jede dieser „Nachkündigungen” binnen der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zur Wehr setzen, weil es sich um verschiedene Kündigungserklärungen handelt und weil ansonsten die Fiktion der Rechtswirksamkeit der Kündigung gem. § 7 Hs. 1 KSchG eingreift. Dies gilt auch dann, wenn die Nachkündigung vom Konkursverwalter re...