Entscheidungsstichwort (Thema)
befristeter Vertrag. Zeitvertrag im Sinne des § 624 BGB
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitnehmer kann das Kündigungsrecht des § 624 BGB nach Ablauf von 5 Jahren jederzeit ausüben. Eine Verwirkung dieses Rechts tritt nicht ein. Auf dieses Recht kann der Arbeitnehmer jedoch verzichten. In diesem Fall ist er für weitere fünf Jahre gebunden; sein Recht zur ordentlichen Kündigung ist ausgeschlossen. Für diese Zeit bleibt ihm nur noch das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.
Normenkette
BGB §§ 624, 622; HGB § 60 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 16.01.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1278/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.01.2002 – 3 Ca 1278/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigungen des Beklagten vom 23.07.2001 und 24.08.2001 mit dem 30.09.2001 bzw. 31.01.2002 beendet worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, das seit 1978 bestehende Arbeitsverhältnis mit gesetzlicher Kündigungsfrist aufzulösen und andererseits verpflichtet werden kann, u. a. jegliche Tätigkeit für die Firma v1x d7x V2x G1xx & Co. KG mit Sitz in D4xxxxxx zu unterlassen.
Der 48-jährige Beklagte ist D5xxxx-Kaufmann und Zahntechniker. Zum 01.08.1978 hat er zur Klägerin bzw. zu deren Rechtsvorgängerin ein Anstellungsverhältnis als Außendienstmitarbeiter begründet. Die Klägerin betreibt ein D5xxxx-Depot. Sie liefert sämtliche für den zahnärztlichen Bereich bestimmte Ausrüstungs-, Einrichtungs- und Verbrauchsgegenstände. Ihr Einzugsbereich erfasst einen Radius von 50 km um ihren Betriebssitz H3xxxxx. Im Außendienst ist der Beklagte verpflichtet, im Interesse der Klägerin die vorhandenen Kunden zu betreuen und neue Kunden zu akquirieren.
Am 02.10.1989 haben die Parteien ihre Vertragsbeziehungen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt. Die Klägerin erteilte dem Beklagten aufgrund ihrer Absicht, ihn in den Kreis der erweiterten Geschäftsleitung aufzunehmen, (Gesamt-) Prokura. Für seine verbleibende Vermittlungs- und Verkaufstätigkeit sagte sie ihm ein monatliches Fixum von 2.000,00 DM brutto zuzüglich 3 %-iger Provision auf die tatsächlich bei der Gesellschaft eingegangenen Verkaufserlöse aus dem von ihm betreuten Kundenkreis zu. Mit § 4 dieses Vertrages verabredeten die Parteien eine zunächst bis 31.12.1999 andauernde feste Vertragszeit. Diese sollte sich um jeweils zwei weitere Jahre verlängern, sobald nicht mindestens 12 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wurde. Die erstmalige Kündigungsmöglichkeit wurde von den Parteien für spätestens 31.12.1998 beschrieben. Der Anstellungsvertrag sollte auf jeden Fall mit Ablauf des Monats enden, in dem der Beklagte das 65. Lebensjahr vollendet hat. Zur Bewältigung seiner Außendiensttätigkeit stellte die Klägerin dem Beklagten ein Fahrzeug zur Verfügung, das dieser auch privat nutzen durfte. Mit § 11 dieses Vertrages haben die Parteien ergänzend festgestellt, dass der Beklagte zum Kreis der leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG gehöre. Dieser Vertrag wurde von keiner Vertragspartei aufgekündigt. Die Parteien haben vielmehr am 15.11.1999 eine ergänzende Abrede hierzu getroffen und den Vertrag vom 02.10.1998 über den 01.01.2000 hinausgehend für weitere 10 Jahre, also bis zum 31.12.2010 fest geschlossen. Die erstmalige Kündigungsmöglichkeit in diesen neuen 10 Jahres-Zeitraum wurde auf spätestens 31.12.2009 festgelegt. Aus Anlass dieser erneuten Bindung erteilte die Klägerin dem Beklagten Einzelprokura, die allerdings noch nicht in das Handelsregister eingetragen wurde.
Der Beklagte, der in den letzten drei Jahren ein Jahreseinkommen von 121.682,86 DM (1999), von 132.353,64 DM (2000) und von 116.929,46 DM (2001) erzielte, kündigte das Arbeitsverhältnis zur Klägerin am 23.07. und am 24.08.2001 unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2001 auf. Zum 01.09.2001 begründete er ein Anstellungsverhältnis zur v1x d7x V2x D5xxxx GmbH & Co. KG mit Sitz in D4xxxxxx. Diese hatte zuvor in H3xxxxx eine Filiale für O2xxxxxxxxxx eröffnet. An diese Firma hat er sich für einen Zeitraum von drei Jahren gebunden. Geschuldet ist auch hier eine Tätigkeit im Außendienst. Entgegen der hierdurch aufgezeigten Absicht wurde dieser Vertrag nach den Angaben des Beklagten noch nicht realisiert.
Da die Klägerin von Anfang an die Auffassung vertrat, die Kündigungen des Beklagten könnten das Vertragsverhältnis frühestens zum 30.06.2005 gestalten, verfolgt sie mit der beim Arbeitsgericht Herford am 11.09.2001 erhobenen Klage das Ziel, feststellen zu lassen, dass eine frühere Beendigung ausgeschlossen ist und dem Beklagten zu Untersagen, für Wettbewerber – insbesondere für die Konkurrentin v1x d7x V2x GmbH & Co. KG – täti...