Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt und Form eines qualifizierten Zeugnisses - Definition der Begriffe "Führung" und "Leistung" - Erwähnung einer Straftat bzw. von Verdachtsmomenten
Leitsatz (redaktionell)
1. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 113 GewO, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht. §113 GewO konkretisiert für die gewerblichen Arbeiter und technischen Angestellten - wie die vergleichbaren Regelungen für die kaufmännischen Angestellten (§ 73 HGB) oder für alle übrigen Arbeitnehmer (§ 630 BGB) - die Fürsorgepflicht für das Zeugnisrecht nicht abschließend.
2. Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muß sich nach dem Gesetz über die folgenden vier Punkte verhalten, nämlich über
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die Dauer des Arbeitsverhältnisses, |
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die Art des Arbeitsverhältnisses, |
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die Leistungen des Arbeitnehmers, |
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die Führung des Arbeitnehmers. |
Das qualifizierte Zeugnis enthält demnach stets die im einfachen Zeugnis enthaltenen Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung. Bei der Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses hat der Arbeitgeber nicht nur die Zeugnissprache, sondern auch die gebräuchliche Gliederung mit ihren Grundelementen zu beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert (siehe dazu LAG Hamm vom 01.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28).
3. Die Angabe der Anschrift im Zeugnis ist überflüssig und darf deshalb nicht im für Briefe üblichen Adressenfeld erfolgen, weil dies den Eindruck erweckt könnte, das Zeugnis sei dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer nach außergerichtlicher oder gerichtlicher Auseinandersetzung über den Inhalt postalisch zugestellt worden. Das Zeugnis muß in der für den Aussteller im Geschäftsverkehr üblichen Form mit Schreibmaschine erstellt und auf dem Firmenbogen geschrieben sein, wenn der Arbeitgeber einen solchen besitzt. Gebraucht der Arbeitgeber für bestimmte Anlässe einen sog. Repräsentationsbogen ohne Anschriftenfeld, so ist dieser auch für das qualifizierten Zeugnis zu verwenden.
4. Hat ein übernommener Arbeitnehmer nach seiner Berufsausbildung bzw. Praktikantenzeit kein Ausbildungs- bzw. Praktikantenzeugnis erhalten, dann kann sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis nur eingeschränkt über die gesamte Beschäftigungszeit, also über die Ausbildungs- bzw. Praktikantenzeit und die Beschäftigungszeit als Arbeiter oder Angestellter, verhalten. Das Arbeitszeugnis soll Aufschluß über die während des Arbeitsverhältnisses unter Beweis gestellten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse geben sowie Angaben über die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers enthalten. Es soll zeigen, in welchem Aufgabengebiet der fertig ausgebildete bzw. geschulte Arbeitnehmer tatsächlich eingesetzt gewesen, mit welchen Tätigkeiten er betraut worden ist, wie er sein erlerntes Wissen in der Praxis umgesetzt und ob er sich in dem erlernten Beruf bewährt hat.
5. Der Arbeitgeber entscheidet allein, welche Leistungen und Eigenschaften seines Arbeitnehmers er mehr hervorheben oder zurücktreten lassen will. Unter Leistung ist die berufliche Verwendbarkeit des Arbeitnehmers zu verstehen. Sie umfaßt sechs Hauptmerkmale: Arbeitsbefähigung (Können), Arbeitsbereitschaft (Wollen), Arbeitsvermögen (Ausdauer), Arbeitsweise (Einsatz), Arbeitsergebnis (Erfolg), Arbeitserwartung (Potential), bei Vorgesetzten auch die sog. Führungsleistung. Die Einzelheiten müssen stets berufsbezogen sein.
6. Mit "Führung" ist nicht etwa die sozialethische Führung des Arbeitnehmers zu verstehen, sondern dessen Sozialverhalten, seine Kooperations- und Kompromißbereitschaft, gegebenenfalls sein Führungsverhalten und -stil. Gemeint ist hier ein zusammenfassendes Urteil über die Eigenschaften und das gesamte dienstliche Verhalten des Arbeitnehmers, also um das betriebliche Zusammenwirken, nämlich sein Verhalten zu Vorgesetzten, gleichgeordneten Arbeitskollegen, nachgeordneten Mitarbeitern, aber auch gegenüber Kunden.
7. Die Rücksichtnahme auf das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers findet wegen des Grundsatzes der Zeugniswahrheit ihre Grenze, wenn das Verschweigen bestimmter für die Führung im Dienste bedeutsamer Vorkommnisse die für die Beurteilung des Arbeitnehmers wesentliche Gesamtbewertung in erheblichem Maße als unrichtig erscheinen läßt, insbesondere, wenn der Arbeitnehmer in seinem Berufe straffällig geworden ist. Wurde gegen den Arbeitnehmer ein Ermittlungs- oder Strafverfahren eingeleitet, kann sich der Arbeitgeber zur Beweiserleichterung darauf berufen und Beiziehung der Akten verlangen. Kommt es aus Gründen, die im Strafverfahrensrecht liegen, nicht zu einer Verurteilung des Arbeitnehmers, entfallen die Beweiserleichterungen. Es gilt dann der Grundsatz, daß die Aufnahme des Verdachts einer strafbaren Handlung in das Zeugnis im allgemeinen mit Treu und Glauben nicht vereinbar und daher unzulässig ist.
8. Aus der Schriftform ergibt sich auch, daß das Zeugnis unterzeichnet sein muß, da sonst der Aussteller nicht erkennbar ist. Das Zeugnis wird vom Arbeitgeber ausgestellt und ist von ihm oder ein...