Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlecht-/Minderleistung. Ermittlung des Normalleistungswerts eines durchschnittlichen Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Die auf der Grundlage eines Prämienabrechnungssystems ermittelte Durchschnittsleistung, die keinen Prämienanspruch auslöst, ist kein für die Bewertung der individuellen Leistung eines Arbeitnehmers geeigneter Maßstab.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 20.06.2001; Aktenzeichen 5 Ca 4705/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die rechtliche Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung.
Der 54-jährige Kläger, der einer Person zum gesetzlichen Unterhalt verpflichtet ist, steht seit Februar 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis als Kommissionierer. Konkrete Aufgabe des Klägers ist es, mit Hilfe eines sogenannten Flurförderfahrzeugs Warengebinde aus verschiedenen Regalen herauszuziehen und in die auf dem Fahrzeug befindlichen Behälter zu verladen.
Die Beklagte, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, hatte mit Wirkung zum 01.03.1999 von der Firma C2 o1 KG u.a. das Hauptlager übernommen, in dessen Frischecenter der Kläger tätig war und ist.
Für den Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
Das Entgelt der Kommissionierer setzt sich zusammen aus einer Grundvergütung und einer Prämie. Letztere wird gezahlt, sofern die Arbeitnehmer die in einem Prämienabrechnungssystem festgelegte sogenannte Normalleistung von 1,0 überschreiten. Dem Prämienabrechnungssystem der Beklagten liegt ein von einer Unternehmensberatungsfirma erstellter Planzeitenkatalog zu Grunde, der jede einzelne Kommissioniertätigkeit erfasst, bewertet und auf eine Basisleistung umrechnet. Den aus diesen Daten ermittelten gewichtigen Durchschnitten für jede Funktion war in der Regel je 4 % sachliche und 4 % persönliche Verteilzeit zugeschlagen worden. Bei der Aufnahme der Ist-Zeiten waren Arbeitnehmer unterschiedlicher Leistungsstärke nach dem Prinzip stark – mittel – schwach beobachtet und deren Zeiten gemessen worden. Der aus diesen Werten gebildete Mittelwert sollte für das Planzeiten- und Prämienabrechnungssystem maßgeblich sein und die Normalleistung widerspiegeln.
Die Leistungswerte des Klägers nach dem Planzeiten- und Prämienabrechnungssystem lagen 1999 zwischen 0,57 und 0,62. In Gesprächen im Mai und August 1999 wies die Beklagte den Kläger auf dessen nicht ausreichende Leistungen hin und mahnte ihn schriftlich unter dem 12.11.1999 wegen seiner Minderleistung ab. Nachdem sich eine Leistungssteigerung nicht eingestellt hatte, forderte die Beklagte den Kläger in einem weiteren Gespräch am 03.02.2000 auf, seine Arbeitsleistung auf mindestens 100 % zu steigern. Mangels Eintritts der gewünschten Leistung erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 28.04.2000 eine weitere Abmahnung.
Mit Schreiben vom 28.08.2000, dem Kläger am 30.08.2000 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2001.
Der Kläger hat sich mit am 18.09.2000 eingereichter Klage gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als sozial ungerechtfertigt gewandt. Die Beklagte habe die Schlecht- bzw. Minderleistung nicht schlüssig dargelegt. Es fehle bereits an einem verwertbaren Vergleichsmaßstab. Die Beklagte habe bei der Erstellung des Prämienabrechnungssystems anerkannte arbeitswissenschaftliche Grundsätze nicht beachtet. Nicht beachtet habe die Beklagte auch seine langjährige Betriebszugehörigkeit und sein Lebensalter, welches erheblich über dem seiner Kollegen liege. Auch erreiche die Mehrheit der „überdurchschnittlich” arbeitenden Mitarbeiter dieses Ziel nur durch tägliche unbezahlte Überstunden. Schließlich hat der Kläger die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Diesem hätten über das Schreiben vom 22.08.2000 hinaus keine weiteren Unterlagen vorgelegen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 28.08.2000 nicht beendet wird,
- für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Kommissionierer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Kündigung für sozial gerechtfertigt gehalten und sich für ihre Rechtsansicht auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.09.1991 (2 AZR 132/91) bezogen. Der Kläger erbringe, abgestellt auf die Normalleistung, eine um etwa 40 bis 50 % niedrigere Leistung. Bezogen auf die Durchschnittsleistung sei seine Leistung noch niedriger. Hierfür weiterhin das volle Entgelt zahlen zu müssen, sei ihr auf Dauer nicht zumutbar. Der Betriebsrat sei mit Schreiben vom 22.08.2000 über die Kündigungsabsicht informiert worden; ihm sei z...