Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Beenden die Parteien einen Kündigungsschutzprozess durch einen gerichtlichen „Vergleich” mit dem Inhalt „Die Parteien sind sich darin einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zur Zeit ungekündigt fortbesteht”, so löst dies die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO aus.
Normenkette
BRAGO § 23; BGB § 779
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 20.07.2000; Aktenzeichen 3 Ca 593/00) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu wertende „Erinnerung” der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 20.07.2000 – 3 Ca 593/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 690,20 DM.
Gründe
I. Die Klägerin hat auf Feststellung geklagt,daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.02.2000 nicht aufgelöst wird, sondern fortbesteht. Im Gütetermin vom 17.03.2000 haben die Parteien auf Vorschlag des Gerichts folgenden Vergleich geschlossen:„Die Parteien sind sich darüber einig, daß das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zur Zelt ungekündigt fortbesteht.” Unter dem 07.06.2000 hat der Klägervertreter Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei nach § 19 BRAGO beantragt und dabei unter anderem eine Vergleichsgebühr nach §§ 11, 23 BRAGO angesetzt. Unter Berücksichtigung bereits erfolgter Zahlung hat er eine Restvergütung von 690,20 DM errechnet. Mit Beschluß vom 20.07.2000, der Klägerin zugestellt am 25.07.2000, hat der Rechtspfleger die beantragte Festsetzung vorgenommen. Hiergegen wendet sich das als „Erinnerung” bezeichnete Rechtsmittel der Klägerin, das der Rechtspfleger dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Sie meint, eine Vergleichsgebühr sei nicht angefallen.
II. Das Rechtsmittel ist statthaft. Es ist davon auszugehen, daß die Klägerin das richtige Rechtsmittel einlegen wollte. Das richtige Rechtsmittel ist die sofortige Beschwerde: § 11 Abs. 1 RPflG, § 19 Abs. 2 S. 3 BRAGO, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer sofortigen Beschwerde sind erfüllt (§§ 567 Abs. 2 S. 2, 577 ZPO).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die vom Arbeitsgericht in seiner Kostenfestsetzung berücksichtigte Vergleichsgebühr ist gem. § 23 BRAGO angefallen, und zwar auch dann, wenn man mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, daß dies ein gegenseitiges Nachgeben voraussetzt (Hartmann/Albers, Kostengesetze, 26. Aufl., § 23 BRAGO Rn. 10). Ein solches Nachgeben liegt auch auf Seiten der Klägerin vor:
Unter „Nachgeben” ist jedwedes Zugeständnis zu verstehen. Dabei entspricht es einhelliger Meinung, daß sich das Zugeständnis nicht auf den Streitgegenstand beziehen muß und das Opfer auch ganz geringfügig sein kann. Schon die Übernahme eines geringfügigen Bruchteils der Kosten reicht aus (Palandt/Sprau, BGB, 59. Aufl., § 779 Rn. 9; Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., Anh § 307 Rn. 5; Hartmann/Albers a.a.O. Rn. 9). Ein solches Zugeständnis hat die Klägerin gemacht:
Es liegt bereits darin, daß sie sich über § 98 ZPO an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt: In einem Anerkenntnisurteil wären der Beklagten auch die Erstattung der gerichtlichen Auslagen in vollem Umfang auferlegt worden; durch den Vergleich beteiligt sich die Klägerin zur Hälfte daran (§ 98 Satz 2 ZPO). Gerichtliche Auslagen sind hier in Form von Zustellungskosten entstanden (Kostenverzeichnis zum GKG Nr. 9002). Daß durch die Kostenaufteilung der Erstattungsanspruch des Staates je Partei unter eine Grenze sinken mag, bis zu der die Verwaltung aus Vereinfachungsgründen von einer Beitreibung absieht, ist unerheblich: Rechtlich ist die Klägerin eine Kostenschuld eingegangen.
Darüber hinaus bringt der Kündigungsschutzkläger, der sich auf einen Vergleich der vorliegenden Art einläßt, weitere Opfer, die als ein Nachgeben i. S.v. § 779 BGB anzusehen sind:
So leistet er dem Arbeitgeber die erforderliche Mithilfe, die dieser benötigt, um die Kündigungsfolgen zu beseitigen. Der Arbeitgeber kann nämlich den Arbeitnehmer nicht durch Rücknahme der Kündigung klaglos stellen und dadurch der Klage das Rechtsschutzinteresse entziehen, weil eine einseitige Kündigungsrücknahme aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Er ist, will er einer Verurteilung entgehen, auf die Mithilfe des Arbeitnehmers angewiesen. Durch diese Mithilfe gibt der Arbeitnehmer eine Rechtsposition auf: Durch den Ausspruch der Kündigung hat er die vom Arbeitgeber nicht mehr zu entziehende Möglichkeit erworben, einen Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG zu stellen. Ob dieser erfolgreich gewesen wäre, ist unerheblich; entscheidend ist, daß der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit verzichtet, den Antrag zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen.
Ob – wie manche meinen – für ein „Nachgeben” bereits ausreicht, wenn der Kläger sein auf eine der inneren Rechtskraft fähige Entscheidung gerichtetes Ziel aufgibt (vgl. Baumbach/Hartmann a.a.O. Anh § 307 Rn. 5), kann offenbleiben.
Aus den dargestellten Gründen schli...