Entscheidungsstichwort (Thema)

Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Leitsatz (amtlich)

Geht eine Bewerbung um eine Stelle erst nach deren Besetzung ein, so kommt eine Benachteiligung gem. § 3 Abs. 1 AGG grundsätzlich nicht in Betracht.

 

Normenkette

AGG §§ 1, 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 15 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 06.05.2010; Aktenzeichen 8 Ca 5127/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.05.2010 – 8 Ca 5127/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG.

Auf ein Stellenangebot, welches der Beklagte im Internet auf der Seite … aufgegeben hatte und welches u. a. folgende Angaben enthielt

Kurzinfo … weibliche Hausaufgabenbetreuung

gesucht …

Dauer der …

Beschäftigung 2 × pro Woche ca. 4 Std.

Jobbeschreibung Hausaufgabenbetreuung bei einer

12-jährigen Gymnasiastin sowie

9-jährigen Grundschülerin

Anforderungen nettes Wesen und Lateinkenntnisse

bewarb sich der Kläger per E-Mail vom 2. Mai 2009. Auf seine Nachfrage nach dem Sachstand per E-Mail vom 1. Juni 2009 teilte der Beklagte ihm mit E-Mail vom 2. Juni 2009 mit, dass die Stelle bereits anderweitig vergeben sei.

Der Kläger hatte mehrfach während seines Studiums als Nachhilfelehrer für die Klassen 4 – 13 gearbeitet.

Mit seiner am 2. Jun 2009 erhobenen Klage begehrt der Kläger Entschädigung wegen Geschlechtsdiskriminierung im Umfang von 3 Monatsgehältern, die er auf der Basis eines von ihm als üblich bezeichneten Stundenlohns von 20,– EUR mit 20 × 32 pro Monat auf insgesamt 1.920,– EUR berechnet.

Erstinstanzlich stritten die Parteien im Wesentlichen darum, ob das Stellenangebot der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gegolten habe oder einer selbstständigen Tätigkeit. Wegen des diesbezüglichen Vortrages wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Nettobetrag in Höhe von 1.920,– EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, nach seiner Erinnerung habe sein Stellenangebot nicht das Wort „weibliche” enthalten. Dies sei zwar in dem vom Kläger überreichten Auszug aus dem Internet der Fall gewesen. Möglicherweise sei das Wort „weibliche” aber später hinzugefügt worden.

Jedenfalls habe er die Stelle in dem Zeitpunkt, als die Bewerbung des Klägers eingegangen sei, bereits vergeben gehabt. Dazu hat der Beklagte sich auf eine E-Mail vom 27. April 2009 (Bl. 28 d. A.) bezogen, in der es heißt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte stellen sie meine Anzeige mit der ID Nr. K-2009-04-22-01 offline, da ich die Stelle bereits besetzen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

i. A. S S

F H. L

Rechtsanwalt”

Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Stelle zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits besetzt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen deshalb abgewiesen, weil nicht festzustellen sei, dass es bei der Ausschreibung um die Anbahnung eines Arbeitsvertrages gegangen sei. Im Übrigen sei die unterschiedliche Behandlung gemäß § 8 Abs. 1 AGG zulässig gewesen. Der Beklagte könne sich auf Art. 6 Abs. 2 GG berufen. Aufgrund seiner Entscheidung sei daher die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht eine wesentliche und entscheidende Voraussetzung für die Übertragung der Position der Hausaufgabenbetreuung.

Gegen dieses ihm am 18.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.06.2010 Berufung eingelegt und diese am 13.07.2010 begründet.

Er legt ausführlich dar, weshalb die Ausschreibung des Beklagten auf die Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses gezielt habe. Insofern wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

Es verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des AGG – so der Kläger weiter, nur eine weibliche Hausaufgabenbetreuung anzubieten. Sonst müsse es auch einer Grundschule erlaubt sein, lediglich Frauen als Lehrerinnen einzustellen. Spinne man diesen Gedanken weiter, wäre es Eltern sogar erlaubt, Lehrer eines bestimmten Geschlechts in öffentlichen Schulen abzulehnen.

Es gehe auch nur um die Überwachung von Kindern bei den Hausaufgaben und um einfache Hilfestellungen, nicht darum, dass Kinder irgendwie körperlich behandelt werden müssten. Das Gericht berge in seinen Ausführungen subtil die Befürchtung, als stecke in jedem Mann ein potentieller Sittentäter, der gleichsam einem Vulkan jederzeit bei kleinen Mädchen die Kontrolle über sich verlieren könne. Dieses sei weltfremd. Wenn das Gericht sich auf Art. 6 GG stützen wolle, so wäre auch die Position eines Gärtners gegebenenfalls auch mit einer Frau in einem hochherrschaftlichen Haus zu besetzen, da auch dort logischerweise ein Zugang zu Kindern bestehe und von einem männlichen Angestellten gegebenenfalls mit Unbill zu rechnen sei. Auch in Grundschulen werde die Nachmittags- und Hausaufgabenbetreuung von Männern ausgeübt unabhängig vom Geschlecht der Kinder.

Schließlich müsse beachtet werden, dass...

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