Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 16.12.1998; Aktenzeichen 4 Ca 2296/98) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 16.12.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 4 Ca 2296/98 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)
I. Die Parteien streiten um Zeugnisformulierungen. Die zu Ende Juni 1998 ausgeschiedene als Buchhalterin beschäftigte Klägerin hat bezogen auf das vom beklagten Verein unter dem 30.06.1998 ausgestellte Zeugnis vier Änderungswünsche: 1.) Sie möchte eine ersatzlose Streichung der Sätze, die der Selbstbeschreibung des Beklagten dienen; 2.) sie möchte eine Aufwertung der Leistungsbeurteilung „zu unserer Zufriedenheit” durch die Ergänzung „stets”, 3.) sie möchte die Führungsbewertung „stets freundlich und hilfsbereit” um die Zielpersonen („gegenüber Vorgesetzten und Kollegen”) ergänzen lassen sowie 4.) die Aufnahme eines letzten Absatzes, der auf ein einvernehmliches Ausscheiden hinweist und Wünsche für die Zukunft enthält.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Bezug auf die Ziffern 2.) und 3.) stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Der Beklagte hat Berufung, die Klägerin (unselbständige) Anschlußberufung eingelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Berufung und Anschlußberufung sind nicht begründet.
1) Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet, weil der Beklagte ein Zeugnis mit durchschnittlicher Leistungsbewertung erteilen muß. Darauf hat der Arbeitnehmer Anspruch, wenn der Arbeitgeber keine unterdurchschnittlichen Leistungsgesichtspunkte vorträgt: Im Prozeß trifft nämlich den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, wenn er eine bessere als eine durchschnittliche Bewertung anstrebt, den Arbeitgeber hingegen die Darlegungs- und Beweislast, wenn er dem Arbeitnehmer eine schlechtere als durchschnittliche Bewertung zumuten will (Müller-Glöge in ErfK, § 630 BGB Rn. 156 und 157). Der Beklagte hat keine konkreten Gesichtspunkte vorgetragen, die eine nur unterdurchschnittliche Bewertung der von der Klägerin erbrachten Leistungen rechtfertigen. Dem Gericht ist nicht einmal bekannt, ob sich die Kritik des Beklagten gegen die Leistungsqualität oder die -quantität richtet und was an dem einen oder anderen jeweils zu beanstanden war. Die Parteien haben im heutigen Termin noch einmal ausdrücklich unstreitig gestellt, daß die von der Klägerin begangene Straftat keinen Einfluß auf die Leistungsbewertung haben soll.
Ursprünglich hat der Beklagte auch eine durchschnittliche Leistung bescheinigen wollen, wie er ausdrücklich mit Schriftsatz vom 10.11.1998 vorgetragen hat. Er hat sich lediglich in der Terminologie vergriffen, wenn er unter Berufung auf eine Literaturstelle (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl., § 146 III 2 b) meint, die Formulierung „zu unserer Zufriedenheit” bringe eine durchschnittliche Leistungsbewertung zum Ausdruck. Zum einen enthält die zitierte Textstelle offensichtlich einen Setzfehler, der in der folgenden Auflage berichtigt worden ist (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 146 III 2 b: unterdurchschnittliche, aber noch ausreichende Leistung), wie man in der Vorauflage schon daran ersehen konnte, daß in der Formulierung „durchschnittliche, aber noch ausreichende Leistung” die einen Gegensatz ausdrückende Konjunktion „aber” keinen Sinn ergab. Zum anderen ist sich die übrige Literatur darin einig, daß die Formulierung „zu unserer Zufriedenheit” eine unterdurchschnittliche (aber noch ausreichende Leistung) kennzeichnet (Müller-Glöge in ErfK, § 630 BGB Rn. 73 und 84 mit Hinw. auf die Rspr.).
Sofern Leitfäden und praktische Handbücher hier teilweise mißverständlich formulieren, hat dies i.d.R. seine Ursache darin, daß sie – wie der Beklagte auch – einen unzulässigen Vergleich mit den Schulnoten ziehen: Diese verfügen über eine sechsstellige Skala, während sich im Arbeitsrecht eine fünfstufige Notenskala herausgebildet hat (Müller-Glöge in ErfK. § 630 BGB Rn. 72). Jedenfalls in einer fünfstufigen Notenskala entspricht ein „ausreichend” bereits einer unterdurchschnittlichen Leistung, während ein „befriedigend” die Mitte hält und damit den Durchschnitt angibt.
Damit aus der unterdurchschnittlichen Bewertung, die in der Formulierung „zu unserer Zufriedenheit” zum Ausdruck kommt, eine durchschnittliche wird, ist ein Zusatz wie „stets, „immer” oder „jederzeit” erforderlich (Müller- Glöge in ErfK, § 630 BGB Rn. 73). Da die Klägerin Anspruch auf eine durchschnittliche Bewertung hat, hat sie auch Anspruch auf diesen Zusatz.
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Angabe der Zielpersonen, denen gegenüber ihr Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bescheinigt wird. Ohne ergänzend...