Arbeitszeugnis: Arbeitgeber muss schwache Leistung beweisen
Das Landesarbeitsgericht Köln hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses ging. Der Arbeitnehmer hatte nach mehr als fünf Jahren sein Arbeitsverhältnis, in dem er als operativer Niederlassungsleiter bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war, durch ordentliche Eigenkündigung beendet. Mit dem ihm erteilten Arbeitszeugnis war er nicht einverstanden. Er verlangte, dass ihm in der Leistungsbeurteilung attestiert werde, er habe die vereinbarten Ziele "nachhaltig und erfolgreich" verfolgt. Ließe man – wie der Arbeitgeber es im erteilten Zeugnis getan hatte - die Formulierung "erfolgreich" weg, so indiziere dies, er habe ihm gesetzten Ziele nicht erreicht. Dies treffe jedoch nicht zu. In dieser Formulierung sei eine derart negative Bewertung enthalten, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, eine solche Schlechtleistung durch ihn zu beweisen.
Zeugnis vollständig auf Firmenpapier?
Dasselbe gelte für die Formulierung, er habe "es verstanden, Aufgaben und Verantwortung zu delegieren". Hier sei zwingend zu ergänzen, dass er Aufgaben nur in angemessenem Umfang delegiert habe. Sonst sei die Bewertung geeignet, den Eindruck zu erwecken, er sei faul gewesen und habe Aufgaben in unangemessener Weise delegiert, was nicht zutreffe. Und zu guter Letzt verlangte der Arbeitnehmer, dass das korrigierte Zeugnis vollständig auf Firmenbriefpapier auszustellen sei und nicht – wie das erste erteilte Zeugnis – nur auf der ersten Seite, gefolgt von einer zweiten Seite auf neutralem Papier.
Arbeitgeber bestreitet erfolgreiche Aufgabenerfüllung
Dem hielt der Arbeitgeber entgegen, der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf die Formulierung, dass er die von ihm erfüllten Aufgaben "erfolgreich" absolviert habe, weil er die ihm gesetzten Ziele nicht dauerhaft erreicht habe. Die Leistungen seines Teams seien immer schlechter geworden und der Arbeitnehmer habe die ihm vorgegebenen Ziele in den letzten 3 Jahren überwiegend nicht erreicht. Nach seinem Weggang seien die Leistungen des Teams unter neuer Führung signifikant besser geworden.
Außerdem habe er auch keinen Anspruch auf die Formulierung, dass er "in angemessenem Umfang" delegiert habe. Vielmehr sei es so, dass er seiner Rolle als Führungskraft nicht gerecht geworden sei. So habe er sich selbst beispielsweise stets in die günstiger liegenden Schichten eingeteilt, was sein Team verärgert habe. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Arbeitnehmer regelmäßig freitags das Büro bereits um die Mittagszeit verlassen und sein Team allein gelassen habe. Außerdem habe der Arbeitnehmer einen flapsigen Umgangston gepflegt und habe seine Kollegen mehrfach mit geschmacklosen Äußerungen vor den Kopf gestoßen.
Unerreichbare Ziele in der Pandemie
Dagegen wiederum wehrte sich der Arbeitnehmer. Bis 2020 habe er die gesteckten Ziele immer erreicht. Im Jahr 2020 seien die Zielzahlen sehr hoch – um nicht zu sagen unerreichbar – gewesen. Der Einbruch im Jahr 2021 sei auf die Corona-Pandemie und den Lockdown zurückzuführen. Während die Aufträge in dieser Zeit stark zurückgegangen seien, habe der Arbeitgeber die Zielerreichung nicht angepasst. Er habe das Büro freitags nicht regelmäßig früher verlassen, sondern stets nur in Ausnahmefällen, wenn die Arbeit es zuließ. Einen flapsigen Umgangston oder geschmacklose Äußerungen habe es nicht gegeben.
Das LAG Köln hatte zu bewerten, wer hier hinsichtlich der Qualität der erbrachten Leistung beweispflichtig ist. Muss der Arbeitnehmer seine guten Leistungen beweisen, um einen Berichtigungsanspruch durchsetzen zu können oder liegt die Beweislast für eine im Zeugnis bescheinigte unterdurchschnittliche Leistung beim Arbeitgeber?
Beweislast für unterdurchschnittliche Leistungen trifft den Arbeitgeber
Die Richter des LAG Köln urteilten, dass der Arbeitgeber es darlegen - und notfalls beweisen - muss, wenn er dem Arbeitnehmer nur eine unterdurchschnittliche Leistung bescheinigen möchte. Sie sprachen dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf die von ihm gewünschte inhaltliche Berichtigung des Arbeitszeugnisses zu.
In diesem Fall sei es so, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedenfalls in den strittigen Passagen nur eine unterdurchschnittliche Leistung zusprechen wollte. Wer Ziele zwar nachhaltig, aber nicht erfolgreich verfolgt und wer delegiert, aber nicht in angemessenem Umfang, der arbeitet unterdurchschnittlich. Nach den dargestellten Beweislastgrundsätzen traf die Darlegungs- und Beweislast damit den Arbeitgeber. Den erforderlichen Beweis hatte der Arbeitgeber im Prozessverlauf nicht in ausreichendem Maße erbracht.
Nur die erste Zeugnisseite muss auf Firmenpapier ausgestellt sein
Lediglich das Verlangen des Arbeitnehmers, das Zeugnis "vollständig" auf Geschäftspapier auszudrucken, wies das Gericht ab. Soweit der Arbeitgeber in seiner externen Kommunikation ausschließlich Firmenpapier verwendet, ist auch ein Arbeitszeugnis hierauf zu erstellen. Dies bezog sich hier jedoch nur auf die erste Seite. Der Arbeitgeber konnte unbestritten vortragen, dass er üblicherweise die zweite Seite bei der Korrespondenz mit Dritten nicht auf Firmenpapier ausdruckt. Dies erschien dem Gericht auch nachvollziehbar, da eine derartige Vorgehensweise durchaus üblich sei. Insofern konnte der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet werden, das Zeugnis des Arbeitnehmers "vollständig" auf Geschäftspapier zu erteilen.
Hinweis: LAG Köln, Urteil vom 12. September 2023, Az. 4 Sa 12/23
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