Schlussformel im Arbeitszeugnis muss bleiben
Die meisten Arbeitszeugnisse enthalten am Ende die übliche Schlussformel mit Dank und guten Wünschen für die Zukunft der oder des Arbeitnehmenden. Wenn sie fehlt, dann fällt das (ungut) auf. Dennoch besteht nach ständiger BAG-Rechtsprechung kein Anspruch auf eine solche Formulierung im Arbeitszeugnis. Was gilt aber, wenn der Arbeitgeber zunächst eine Dankes- und Bedauernsformel im Zeugnis verwendet hat, nach einem langwierigen Streit um die Korrektur des Arbeitszeugnisses aber keinen Dank und Bedauern mehr verspürt und die Schlussformel streicht? Diese besondere Konstellation hatte das BAG zu entscheiden.
Der Fall: Nach Zeugniskorrektur fehlt die Schlussformel
Die Mitarbeiterin war seit 2017 als Persönliche Assistentin der Geschäftsführung eines Fitnessunternehmens beschäftigt. Ende Februar 2021 verließ sie das Unternehmen. Das Arbeitszeugnis, das ihr der Arbeitgeber ausstellte, enthielt am Ende eine Dankesformel. Der Arbeitgeber dankte ihr für die wertvolle Mitarbeit und äußerte sein Bedauern, sie als Mitarbeiterin zu verlieren. Für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg wünschte er ihr alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg. Die ehemalige Angestellte verlangte vom Arbeitgeber eine bessere Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens. Doch auch das geänderte Zeugnis missfiel ihr. Durch ihren Anwalt forderte sie unter Fristsetzung sowie der Androhung von weiteren rechtlichen Schritten weitergehende Korrekturen. Der Arbeitgeber erteilte ihr daraufhin eine dritte, in der Bewertung verbesserte Version ihres Arbeitszeugnisses. In dieser fehlte jedoch der Dank, das Bedauern über das Ausscheiden und die guten Wünsche für die Zukunft.
Einmal Dank, immer Dank?
Die ausgeschiedene Arbeitnehmerin wehrte sich daraufhin vor Gericht gegen das Fehlen der Dankesformel im dritten Zeugnis. Sie beantragte ein neues Zeugnis und machte geltend: Auch wenn grundsätzlich kein Anspruch auf die begehrte Formulierung bestehe, habe sich der Arbeitgeber vorliegend selbst gebunden. Aus dem Maßregelungsverbot, das ungeachtet der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelte, folge, dass der Arbeitgeber nicht befugt sei, die nicht beanstandeten Teile grundlos zu ändern. Der Arbeitgeber vertrat die Meinung, dass das Maßregelungsverbot vorliegend nicht eingreife, da kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe.
BAG: Unzulässige Rücknahme der Dankesformel
Das BAG gab der Arbeitnehmerin Recht. Der Arbeitgeber müsse die einmal ausgesprochene Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel in ein neues Arbeitszeugnis aufnehmen. Dies gebiete das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB.
Damit bestätigte das oberste Arbeitsgericht die Entscheidung der Vorinstanz. Das LAG Niedersachsen sei rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber die ehemalige Mitarbeiterin mit der Rücknahme der Schlussformel unzulässig wegen der Auseinandersetzung um ein besseres Zeugnis gemaßregelt habe.
Maßregelungsverbot auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil er oder sie in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Dieses Maßregelungsverbot sei nicht ich auf das laufende Arbeitsverhältnis beschränkt, stellte das BAG fest. Es gelte auch nach dessen Beendigung, insbesondere im Bereich des Zeugnisrechts.
Unter diesem Gesichtspunkt bewertete das BAG das Interesse der Arbeitnehmerin, ohne Angst vor einer Maßregelung seitens des Arbeitgebers die ihr zustehenden Rechte - hier die Zeugniskorrektur - dem Arbeitgeber gegenüber in zulässiger Weise geltend zu machen, grundsätzlich höher als das Interesse des Arbeitgebers, den von ihm zuvor selbst gestalteten Zeugnisinhalt als Reaktion auf ein rechtmäßiges Verhalten grundlos nachträglich zu ändern.
Hinweis: BAG, Urteil vom 6. Juni 2023, Az. 9 AZR 272/22; Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 12. Juli 2022, Az. 10 Sa 1217/21
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