Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung durch Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Die Wirksamkeit einer Kündigung, die ein Insolvenzverwalter wegen einer von ihm beschlossenen Stilllegung ausspricht, ist nicht von einer Zustimmung der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses zur Kündigung oder Stilllegung abhängig.
Normenkette
InsO §§ 80, 113; InSO §§ 157-158
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 19.12.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2859/01) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19.12.2001, Az. 2 Ca 2859/01, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich nur noch über die Wirksamkeit der von dem vormaligen Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin unter dem 14.09.2001 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Erstinstanzlich war noch die weitere, vorsorglich von dem jetzigen Beklagten unter dem 30.10.2001 zum 31.01.2002 ausgesprochene Kündigung strittig.
Der 1951 geborene Kläger war seit dem 10.01.1994 bei der Gemeinschuldnerin als Produktionshelfer tätig. Er erhielt zuletzt ein Monatsgehalt von 3.750,00 DM brutto. Im Betrieb der Gemeinschuldnerin waren regelmäßig 21 Mitarbeiter beschäftigt. Ein Betriebsrat bestand nicht.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 15.02.2000 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt H. aus Köln zum Insolvenzverwalter bestellt. Ein Gläubigerausschuss wurde zunächst nicht installiert. In der Gläubigerversammlung vom 05.05.2000 wurde der Insolvenzverwalter H. ermächtigt, den Betrieb vorläufig fortzuführen. Es wurde ihm zur Auflage gemacht, den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin ohne vorherige Einberufung der Gläubigerversammlung zu schließen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung des Geschäftsbetriebes das geplante Verfahrensziel beeinträchtigen sollte. Als Verfahrensziel war die mittelfristige Steigerung des Umsatzes auf ca. 1 Mio. DM im Monat beabsichtigt, die für das Rumpfjahr 2000 zu einem Betriebsergebnis von ca. 130.000,00 DM führen und die Veräußerung des Geschäfts an eine Erwerberfirma ermöglichen sollte. Ferner wurde dem Insolvenzverwalter auferlegt, in Abständen von sechs Monaten schriftlich zur Insolvenzakte über den Sachstand und die Geschäftsführung zu berichten.
In einer weiteren Gläubigerversammlung vom 10.08.2001 beschloss diese, einen Antrag auf Entlassung des Insolvenzverwalters H. bei dem Amtsgericht Bonn zu stellen. Diesem Antrag kam das Amtsgericht Bonn mit Beschluss vom 05.09.2001 (Bl. 6-10 d. A.) nach. In dem Tenor heißt es wörtlich:
„In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der […] M. K. F. B. G. & C. K. […] wird Rechtsanwalt M. J. H. […] aus dem Amt als Insolvenzverwalter entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt M. L. […] bestellt.
Bis zur Rechtskraft des Entlassungsbeschlusses hat der bisherige Verwalter sein Amt fortzuführen.”
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, Rechtsanwalt Hassan habe zum einen den Sachstandsbericht selbst auf mehrfache Aufforderung erheblich zu spät eingereicht und zum anderen trotz deutlichen Verfehlens der gesetzten Verfahrensziele – statt 130.000,00 DM Gewinn im Rumpfjahr 2000 musste ein Verlust von 591.000,00 DM verzeichnet werden – den Betrieb in Kenntnis dieser Zahlen nicht geschlossen. Auch in der Zeit vom 01.01.2001 bis 31.07.2001 sei ein Verlust von mindestens 240.000,00 DM aufgelaufen. Schließlich wurde ihm ein Verstoß gegen die Absonderungsvorschrift des § 170 InsO vorgeworfen.
Mit Schreiben vom 14.09.2001 kündigte Rechtsanwalt H. die Arbeitsverhältnisse aller 21 Arbeitnehmer des Betriebes betriebsbedingt zum 31.12.2001. Dem Kläger ist die Kündigung am 17.09.2001 zugegangen. Zur Begründung führte Rechtsanwalt H. an, dass er sich zur vorsorglichen Schließung des Geschäftsbetriebes zum 31.12.2001 verpflichtet fühle, da ihm seitens der Gläubigerversammlung der Vorwurf gemacht worden sei, er habe den Geschäftsbetrieb nicht frühzeitig geschlossen, und da ferner die wesentlichen Lieferanten der Gemeinschuldnerin derzeit keine Bereitschaft zur Bereitstellung der für die Fortführung notwendigen Liquidität zeigten. Er räumte zugleich ein, dass die Gläubigerversammlung aber noch keine endgültige
Entscheidung über die Fortführung des Geschäftsbetriebes getroffen habe. Er stellte in Aussicht, dass der Kläger bei einer Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen für die Fortführung des Betriebes durch die Gläubiger umgehend informiert werde.
Auf die sofortige Beschwerde eines Gläubigers gegen den Entlassungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 05.09.2001 änderte das Amtsgericht am 19.09.2001 den Beschluss dahingehend ab, dass die Entlassung von Rechtsanwalt H. als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin ab diesem Tage wirksam sein sollte. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus:
„In der Gläubigerversammlung vom 10.08.2001 waren sich die Gläubiger einig, Ihre Entscheidung über eine eventuelle Schlie...