Entscheidungsstichwort (Thema)
XING-Profil. außerordentliche Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die fehlerhafte Angabe im privaten XING-Profil eines Arbeitnehmers einer Steuerberaterkanzlei, dieser sei als "Freiberufler" tätig, stellt ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch keine aktive Werbung für eine Konkurrenztätigkeit und damit noch keinen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Wettbewerbstätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis dar.
2. Derartige weitere Umstände, die geeignet wären, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen, könnten jedoch darin gesehen werden, wenn der Arbeitnehmer unter der XING-Rubrik "Ich suche" aktiv im bestehenden Arbeitsverhältnis freiberufliche Mandate in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber akquiriert.
3. Ist der Name des derzeitigen Arbeitgebers und der - bereits vereinbarte - künftige Zeitpunkt der Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses im XING-Profil zutreffend unter der Rubrik "Berufserfahrung" angegeben, spricht dies bei der gebotenen Gesamtschau dafür, dass auch die Angabe einer "freien Mitarbeit" unter der Rubrik "Ich biete" nicht zwingend nahelegt, dass eine solche auch schon für den Zeitraum vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeboten wird.
4. Weil die Abgrenzung zwischen erlaubter Vorbereitung einer späteren Selbständigkeit und unerlaubter Konkurrenztätigkeit während des Arbeitsverhältnisses häufig fließend ist, kann bei Sachverhalten in diesem Grenzbereich regelmäßig auch nicht von der Entbehrlichkeit einer Abmahnung ausgegangen werden (insoweit Anschluss an BAG, Urteil vom 26.06.2008, 2 AZR 190/07).
Normenkette
BGB § 626; HGB § 60
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 08.08.2016; Aktenzeichen 6 Ca 995/16) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 08.08.2016, 6 Ca 995/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Änderungen des XING-Profils des Klägers.
Die Beklagte betreibt eine bundesweit an mehreren Standorten agierende Steuerberatungsgesellschaft mit Hauptsitz in A . Sie beschäftigt Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowohl als Arbeitnehmer wie als freie Mitarbeiter.
Der am 1985 geborene ledige Kläger, der keine Unterhaltsverpflichtungen hat, studierte von 2006 bis 2010 an der Universität M und erwarb hierbei den Abschluss des Bachelors sowie des Masters im Studiengang "International Business". Alsdann begründete er zunächst ein Arbeitsverhältnis mit M in A . Seit dem 01.01.2014 bestand ein Arbeitsverhältnis zwischen den hiesigen Parteien.
Der Vater des Klägers betreibt eine Steuerberaterkanzlei in Ü .
Ausweislich des Arbeitsvertrages wurde der Kläger für den Hauptsitz A im Bereich der Assistenz der Geschäftsleitung eingestellt. Faktisch tätig war er als Sachbearbeiter im Bereich der Steuerberatung. Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Gerichtsakte gereichten schriftlichen Arbeitsvertrag (Anlage K 1, Bl. 5 ff d. A.) Bezug genommen.
Unter dem 31.03.2015 schlossen die Parteien eine "Vereinbarung über Fortbildungskosten" (Anlage K 2, Bl. 13/14 d. A.).
Hiernach sollte der Kläger ab dem 23.05.2015 bis voraussichtlich Februar 2017 an einem berufsbegleitenden Steuerlehrgang mit dem Ziel der Ablegung des Steuerberaterexamens teilnehmen. Hierbei vereinbarten die Parteien, dass die Kosten dieser Ausbildung in Höhe von 4.850,00 EUR grundsätzlich vom Arbeitgeber getragen werden, jedoch insofern ein Darlehen gewährt wird, welches nur bei Eintreten der in § 3 der Vereinbarung geregelten Voraussetzungen durch den Kläger zur Rückzahlung fällig wird.
§ 3 dieser Vereinbarung lautet:
"(Absatz 1)
Das Darlehen gemäß § 2 wird zur Rückzahlung fällig, wenn der Arbeitnehmer im Verlaufe des Lehrgangs oder innerhalb der nächsten drei Jahre nach Ablegung des Steuerberaterexamens
1. durch sein Verhalten den Arbeitgeber veranlasst, aus wichtigen Grund das Beschäftigungsverhältnis aufzulösen oder
2. selbst das Beschäftigungsverhältnis auflöst aus Gründen, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind.
(Absatz 2)
Wird das Dienstverhältnis unter einer der Voraussetzungen des Absatzes 1 aufgelöst, so gelten während des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses vom Ausbildungsende bis zur Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses je 1/36 des Gesamtbetrages als getilgt. Der verbleibende Restbetrag wird mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zur sofortigen Rückzahlung fällig und ist ab diesem Zeitpunkt mit 5 % p.a. zu verzinsen.
(...)"
Auf Veranlassung der Beklagten verständigten sich die Parteien alsdann darauf, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Hierbei schlossen die Parteien unter dem 30.09.2015 eine schriftliche Aufhebungsvereinbarung (Anlage K 3, Bl. 15/16 d. A.). Diese sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses "einvernehmlich zum 31.03.2016" vor. Als Grund wird genannt: "Die Aufhebungsvereinbaru...