Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Teilbetriebsübergang. Zentrale Dienste;. passives Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Wer im Einvernehmen mit dem Veräußerer die Möglichkeit erwirbt, einen Betrieb insgesamt fortzuführen, erwirbt grundsätzlich auch den gesamten Betrieb und nicht nur die Betriebsteile, die er fortführen will. Die Beschränkung des Erwerbs auf einzelne Teile eines Betriebes setzt einen gerade darauf gerichteten Willen der Beteiligten voraus – insbesondere einen entsprechend beschränkten Veräußerungswillen. Fehlt es an letzterem, ist ein nur auf Betriebsteile beschränkter Erwerbswille, der gegenüber dem Veräußerer nicht zum Ausdruck gekommen ist, unbeachtlich.
2. Die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die in zentralen Unternehmensbereichen tätig waren, gehen auf einen Betriebsteilerwerber dann über, wenn ihre Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend den übergehenden Betriebsteilen zugute kam. Das ist anzunehmen, wenn für den zentral tätigen Arbeitnehmer die Beschäftigungsmöglichkeit im verbleibenden zentralen Unternehmensbereich der Veräußerer infolge des Betriebsteilüberganges entfällt.
3. „Arbeitsverhältnisse” i. S.v. § 613a BGB müssen nicht „aktiv” sein; ihr rechtlicher Bestand reicht aus. Ob noch Arbeit geleistet wird oder der Arbeitnehmer freigestellt ist, ist unerheblich.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 4 Ca 1336/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.08.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 4 Ca 1336/00 – dahingehend abgeändert, dass die in Ziffer 1., 3. und 4. ausgeurteilten Beträge jeweils auf 10.048,50 DM brutto reduziert werden.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 2,9 % der Kläger, im Übrigen die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte im Wege des Betriebsübergangs in den Arbeitsvertrag des Klägers eingetreten ist und deshalb die Vergütungen für Januar bis März 2000 in Höhe von jeweils 10.048,50 DM brutto sowie die am 01.01.2000 fällige Rate für eine Kapital-Lebensversicherung an die Versicherung in Höhe von 3.408,– DM zahlen muß. Der am 12.11.1949 geborene Kläger war seit 1990 bei der Firma M. C. D. GmbH – einem Unternehmen für Computer-Großhandel mit Sitz in H. – in den Bereichen Personal- und Rechnungswesen beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte mit Schreiben vom 06.07.1999 (Bl. 206) zum 31.03.2000. Tags darauf (unter dem 07.07.1999) schlossen die Parteien des Arbeitsverhältnisses einen „Abwicklungsvertrag”, nach dem der Kläger„unwiderruflich unter Anrechnung seines Resturlaubsanspruchs ab dem 1. September 1999 von der Arbeit freigestellt” und ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde,„während der Freistellung frei über seine Arbeitskraft zu verfügen”. Der Betrieb ging Ende August 1999 durch Verschmelzung auf die Firma F. & W & W. Computer GmbH mit Sitz in Braunschweig über, die ihn in H. als selbständige Niederlassung weiterführte und am 25.10.1999 Insolvenzantrag stellte. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt H. in Braunschweig bestellt, der dem Rechtsstreit als Streithelfer des Klägers beigetreten ist. Er stellte alle Arbeitnehmer mit Schreiben vom 01.12.1999 von der Arbeit frei, vermietete die Geschäftsräume an die Beklagte und verkaufte ihr die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung. Die Beklagte führte die betriebliche Tätigkeit mit dem größten Teil der Belegschaft fort. Vier Arbeitnehmer aus dem Verwaltungsbereich, darunter den Kläger, übernahm sie nicht. Die Beklagte hat einen Betriebsübergang bestritten; allenfalls habe sie einen Betriebsteil, nämlich Vertrieb und Service, übernommen, nicht aber die Verwaltung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Zahlung der Versicherungsrate sowie auf Zahlung der Gehälter in Höhe von 10.100,50 DM, 10.505,50 DM und 10.500,50 DM stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter mit der Begründung, die Tätigkeit des Klägers sei dem Betriebsteil Verwaltung zuzuordnen, für den kein Betriebsübergang stattgefunden habe. Seit Eintritt der Fa. F. & W. sei die Verwaltung soweit wie möglich nach Braunschweig verlagert worden. Zudem falle das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen seiner Freistellung und des Wegfalls seiner Funktion ab September 1999 nicht unter § 613a BGB. Darüber hinaus stehe ihrer Zahlungspflicht der Arbeitsvertrag des Klägers vom 03.01.1996 entgegen, in dessen § 10 Nr. 1 (Bl. 6) eine befreiende Schuldübernahme zu erblicken sei; die Textstelle lautet: „Bei Liquidation, Veräußerung oder Fusion der Gesellschaft, vor Beendigung des Vertrages, verpflichten sich die Gesellschafter zur Vertragserfüllung,” Für die Forderung auf Zahlung der Versicherungsprämie fehle dem Kläger die Aktivlegitimation; zudem könne er sie allenfalls anteilig für die Monate Januar bis März 2000 verlangen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entschei...