Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung; fristlos; Altersteilzeit; Blockmodell; Freistellungsphase; Arbeitsunfähigkeit; Berufungseinlegung; Eingangsstempel; öffentliche Urkunde
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Anspruch auf Altersteilzeitvergütung in der Freistellungsphase ist nicht Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist.
2. Es konnte unentschieden bleiben, ob dieser Anspruch (Zf. 1) dann nicht entsteht, wenn der Arbeitnehmer während der gesamten aktiven Phase der im Blockmodell vereinbarten Altersteilzeit arbeitsunfähig war und deshalb – vom Entgeltfortzahlungszeitraum abgesehen – keine Vergütungsansprüche erworben hat.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.10.2000; Aktenzeichen 9 (7) Ca 5361/00) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.10.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 9 (7) Ca 5361/00 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Parteien – nämlich der beklagte Automobilclub und der am 28.07.1939 geborene, seit 1964 bei ihm angestellte Kläger – streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 20.06.2000. Hintergrund sind die folgenden Ereignisse: Der Kläger, der beim Beklagten zunächst in der Materialwirtschaft eingesetzt war, schloß mit diesem unter dem 01.11.1997 rückwirkend ab 01.07.1997 eine Altersteilzeitvereinbarung nach dem Blockmodell auf der Grundlage des Altersteilzeitabkommens für die Versicherungswirtschaft (ATzA); die aktive Phase sollte bis Oktober 1999 dauern, die anschließende Freistellungsphase bis Februar 2002. Wenig später präsentierte er ein orthopädisches Attest vom 11.11.1997, das ihm wegen bestehender Probleme im Bereich der Wirbelsäule eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bescheinigte (Bl. 139). Der Beklagte versetzte ihn darauf ab Januar 1998 gegen seinen Willen. Am 18.03.1998 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt und war anschließend arbeitsunfähig – und zwar bis Oktober 1999. Für die anschließende Zeit behauptete der Kläger Arbeitsfähigkeit und belegte dies durch ein Attest seines Internisten vom 22.11.1999. Der Beklagte bestritt die Arbeitsfähigkeit und verweigerte die Altersteilzeitvergütung für die Freistellungsphase ab November 1999. Der Kläger erhob unter dem 31.01.2000 eine erstinstanzlich noch anhängige Klage auf Zahlung, die er mit Schriftsatz vom 06.06.2000 erweiterte. In ihm schildert er die Verhältnisse an seinem Arbeitsplatz und behauptet, der mit ihnen verbundene Streß sei nach den Feststellungen seines Internisten letztlich auch der Auslöser für seinen Herzinfarkt gewesen (Arbeitsgericht Köln – 9 Ca 839/00, Bl. 91). Diesen Schriftsatz nahm der Beklagte zum Anlaß für die streitgegenständliche Kündigung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit seinem dem Beklagten am 26.01.2001 zugestellten Urteil stattgegeben. Mit seiner Berufung vom 26.02.2001 verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, nimmt Bezug auf seine erstinstanzlichen sowie die im Parallelverfahren vorgelegten Schriftsätze und meint, das Arbeitsgericht lasse eine Zusammenschau der von ihm vorgetragenen Umstände vermissen; diese sprächen dafür, daß sich der Kläger nach seiner Rekonvaleszenz systematisch seinen Mitwirkungs- und Arbeitspflichten entzogen habe, um nach Auslaufen des Krankengeldes gesundgeschrieben in die Freistellungsphase zu wechseln. Nach seiner Versetzung hätte er durch die Einschaltung betrieblicher Stellen für eine Änderung der von ihm als krankmachend empfundenen Umstände sorgen müssen und den Arbeitgeber nicht im Unklaren lassen dürfen. Streß am neuen Arbeitsplatz sei auch für den Infarkt des Klägers nicht ursächlich gewesen. Das Verrentungsverfahren habe der Kläger nicht mit der tarifvertraglich vorgeschriebenen Zügigkeit betrieben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung und bezweifelt die Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung, die den Eingangsstempel des LAG vom 27.02.2001 trägt. In der Sache verteidigt er die angefochtene Entscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
1) Insbesondere hat der Beklagte die Einlegungsfrist gewahrt. Diese lief am 26.02.2001 ab. Es ist davon auszugehen, daß die Berufung an diesem Tag bei Gericht auch eingegangen ist. Denn der Beklagtenvertreter hat eidesstattlich versichert, sie an diesem Tag gegen 19.00 Uhr in den Nachtbriefkasten des LAG geworfen zu haben. Das ist nicht unglaubwürdig, obwohl die Berufung mit dem Eingangsstempel des nächsten Tages (27.02.2001) versehen worden ist. Die Beweiskraft dieser öffentlichen Urkunde ist erschüttert: Der 26.02.2001 war Ro...