Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit. geteilte Dienste
Leitsatz (amtlich)
1. Der Arbeitgeber kann nach § 106 GewO berechtigt sein, bei schwankendem Arbeitsanfall Arbeitnehmer nur während der arbeitstäglichen Stoßzeiten zu beschäftigten, auch wenn dazwischen mehrere Stunden liegen, für die keine Vergütung gezahlt wird (geteilte Dienste).
2. § 6 Abs. 5 TVöD steht der Anordnung von geteilten Diensten nicht entgegen.
Normenkette
GewO § 106; BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 2; TVöD § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 17.05.2011; Aktenzeichen 6 Ca 2194/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17. Mai 2011 – 6 Ca 2194/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, den Kläger zu geteilten Diensten heranzuziehen, bei denen jeweils zwischen den Teilen der Arbeitszeit eine längere unbezahlte Pause liegt.
Der Kläger, geboren am 10. Februar 1962, ist als Flughafenmitarbeiter im Bodenverkehrsdienst bei der Beklagten seit dem 1. Oktober 1990 beschäftigt, und zwar als Gerätebediener (u.a. Busfahrer) im Passagierverkehr. Er arbeitet im Tagdienst (Früh- oder Spätschicht). Er wohnt in der Nähe des Flughafens Köln/Bonn. Der Kläger ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Oktober 1990 ist vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmantel-Tarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den an dessen Stelle tretenden Tarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung richtet. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass Betriebsvereinbarungen zu beachten sind. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wurde auf durchschnittlich 38,5 Stunden festgelegt, „entsprechend den Anordnungen des Arbeitgebers”.
Die Beklagte hat mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung 2/2007 abgeschlossen über die Arbeitszeitgestaltung im Bodenverkehrsdienst. Darin ist u. a. festgelegt, dass die Beklagte berechtigt ist, geteilte Schichten (mindestens in zwei Teilen), die an einem Kalendertag zu erbringen sind, anzuordnen. Die Mitarbeiter der Flugzeugabfertigung/des Gerätedienstes haben danach bis zu 72 geteilte Dienste pro Jahr zu leisten. Die Betriebsvereinbarung galt befristet bis zum 31. Oktober 2009 und wirkt aufgrund entsprechender Vereinbarung der Betriebsparteien bis zum 31. Dezember 2012 nach.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2011 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihn nicht mehr wie in den vorangegangenen Jahren zu geteilten Diensten, sondern nur noch für eine zusammenhängende Zahl von Arbeitsstunden heranzuziehen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11. Februar 2011 ab unter Hinweis auf den Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarung 2/2007 und ihr gesetzliches Direktionsrecht. Bei maximal 72 geteilten Diensten pro Jahr ergäben sich maximal im Durchschnitt 1,38 geteilte Dienste pro Woche. Tatsächlich seien zum damaligen Zeitpunkt innerhalb von neun Wochen maximal drei geteilte Dienste abzuleisten gewesen, was sie für zumutbar halte und ihre wirtschaftlichen Interessen wahre. Der Betriebsarzt habe nicht festgestellt, dass der Kläger keine geteilten Dienste ableisten könne.
Mit der vorliegenden Klage, die am 21.März 2011 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, begehrt der Kläger Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, ihn zu geteilten Diensten heranzuziehen.
Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 17. Mai 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei aufgrund seines Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung 2/2007 verpflichtet, geteilte Dienste zu leisten. Der TVöD enthalte keine Regelung, die das Direktionsrecht der Beklagten insoweit einschränke.
Das Urteil ist dem Kläger am 19. Juli 2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 27. Juli 2011 Berufung einlegen und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10. Oktober 2011 – am 7. Oktober 2011 begründen lassen.
Er ist weiterhin der Ansicht, aus dem TVöD ergebe sich, dass geteilte Dienste unzulässig seien. Unter § 6 Abs. 5 TVöD seien abschließend die Sonderformen der Arbeitszeit geregelt, die tarifrechtlich zulässig seien. Dazu gehöre die Arbeit in geteilten Diensten nicht. Im Übrigen sehe § 6 Abs. 5 TVöD vor, dass die darin genannten Sonderformen der Arbeitszeit nur bei begründeter betrieblicher Notwendigkeit zulässig seien. Bei der Festlegung der geteilten Dienste halte die Beklagte auch nicht die Grenzen des billigen Ermessens i. S. d. § 106 Satz 1 GewO ein. Es sei nicht ersichtlich, warum die anfallende Arbeit nicht in zusammenhängenden Schichten erledigt werden könne. Zwar habe die Beklagte für die Wintersaison 2011/2012 alle Mitarbeiter von geteilten Diensten ausgenommen. Jedoch habe sie nicht darauf verzichtet, nach Ablauf dieser Wintersaison die Arbeitnehmer wieder zu geteilten Diensten heranzuziehen.
Der...