Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplanabfindung. arbeitgeberseitig veranlasste Eigenkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine arbeitnehmerseitige Eigenkündigung darf nach zutreffender BAG-Rechtsprechung dann nicht zum Ausschluss von Sozialplanansprüchen führen, wenn sie im Hinblick auf eine anstehende Betriebsänderung „arbeitgeberseitig veranlasst” war.

2. Nicht mehr „arbeitgeberseitig veranlasst” im obigen Sinne erscheint eine Eigenkündigung, die „vorzeitig” ausgesprochen wird, d. h. zu einem früheren Beendigungszeitpunkt, als dies durch die anstehende Betriebsänderung geboten wäre.

3. Es steht den Betriebspartnern frei, das Kriterium der „Veranlassung durch den Arbeitgeber” so zu definieren, dass darunter nur eine Eigenkündigung fällt, die nach einer bereits erklärten arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung erfolgt und das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt auflöst als diese, nämlich zu demjenigen Zeitpunkt, ab dem der Arbeitgeber am bisherigen Standort keinen vertragskonformen Beschäftigungsbedarf für den Arbeitnehmer mehr hat.

 

Normenkette

BetrVG §§ 75, 112

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 15.08.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1795/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.08.2008 in Sachen 1 Ca 1795/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Sozialplanabfindung trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitnehmerseitige Eigenkündigung.

Die am 24.10.1962 geborene Klägerin trat am 01.09.1982 als Versicherungskauffrau in die Dienste der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Sie verdiente zuletzt 4.774,00 EUR brutto monatlich, zahlbar 14-mal jährlich. Der Arbeitsplatz der Klägerin war im sog. Kompositbereich Property/Engineering, Abteilung Marktmanagement 2, Region 1 angesiedelt.

Im Frühjahr 2006 übernahm die T. AG die G. Beteiligungs-GmbH. Im Zuge der sich nun anschließenden Integration der Unternehmen der G.-Gruppe in den T.-Konzern zeichneten sich umfangreiche betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen ab. Am 21.03.2007 einigte sich die T. AG mit dem bei ihr bestehenden Konzernbetriebsrat auf ein sog. Eckpunktepapier. In diesem wurde u. a. festgelegt, dass „die Beendigungswirkung von Kündigungen (…) im Kompositbereich nicht mit Wirkung zu einem vor Ablauf des 30.06.2008 liegenden Zeitpunkt” eintreten werde.

Mit Schreiben vom 31.05.2007 (Bl. 24 ff. d. A.) informierte die Arbeitgeberin die Klägerin darüber, dass im Zuge der Aufgabenübertragung von der G. Versicherungs-AG zur H Versicherungs-AG und der Verlagerung der Aufgaben nach H „Ihr Arbeitsplatz am bisherigen Standort K voraussichtlich bis Ende der 41. Kalenderwoche 2007 vollständig entfallen und bei der H. AG am künftigen Standort H neu entstehen” werde. Zugleich wurde der Klägerin eine Übernahmevereinbarung und ein neuer Anstellungsvertrag für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am Standort H angeboten. Schließlich heißt es in dem Schreiben vom 31.05.2007 wie folgt: „Sollten Sie sich entscheiden, Ihr Arbeitsverhältnis nicht bei der H. AG in H. fortzusetzen, müssen Sie mit einer Kündigung Ihres Anstellungsverhältnisses rechnen, da es infolge der Verlagerung nach H zu einem entsprechenden Wegfall von Arbeitsplätzen bei der G. am Standort K. kommt.”

Am 12.06.2007 kam zwischen der T. AG und dem Konzernbetriebsrat ein Sozialplan zustande, welcher für alle Änderungen der Betriebsorganisation und sonstige vom Arbeitgeber veranlasste mit der Integration zusammenhängende Maßnahmen, die bis zum Ablauf des 31.12.2010 erfolgen, gilt. Die Klägerin als nunmehrige Arbeitnehmerin im T. Konzern fiel grundsätzlich unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Sozialplans. § 3 Ziffer 2 e) des Sozialplans vom 12.06.2007 lautet wie folgt:

„2. Die zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen Leistungen gelten nicht für Arbeitnehmer,

e) deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung mit Beendigungswirkung durch den Arbeitgeber mit Wirkung zu einem früheren Zeitpunkt kündigt, in dem der Arbeitgeber für den betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses und am bisherigen Standort (politische Gemeinde) keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat; in diesen Fällen steht eine Aufhebungsvereinbarung der vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung gleich.”

Auf den vollständigen Wortlaut des Sozialplans vom 12.06.2007 wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen (Bl. 47 ff. d. A.).

Mit Anwaltsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 07.08.2007 (Bl. 37 f. d. A.) informierte die Klägerin ihre Arbeitgeberin darüber, dass sie sich aus persönlichen Gründen nicht für das ihr unterbreitete Angebot zum Abschluss einer Übernahmevereinbarung und eines neuen Anstellungsvertrages bei de...

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