Entscheidungsstichwort (Thema)
Europarechtskonformität der Nichtanrechnung der bei einem privaten Arbeitgeber erbrachten Vorbeschäftigungszeit gem. § 34 Abs. 3 TV-L
Leitsatz (amtlich)
Die Nichtanrechnung der bei einem privaten Arbeitgeber erbrachten Vorbeschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-L verstößt nicht gegen das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU nach Art. 45 AEUV (im Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg 08.12.2015 - 5 Sa 660/15)
Normenkette
TV-L § 34 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.02.2016; Aktenzeichen 13 Ca 4600/15) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.02.2016 - 13 Ca 4600/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Vorbeschäftigungszeiten der Klägerin bei anderen Arbeitgebern als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L gelten und über eine Zahlung des Jubiläumsgeldes.
Die am 1968 geborene Klägerin ist seit dem 01.08.2010 bei dem beklagten Land zunächst in der Verwaltung des Aktenarchivs und seit dem 01.01.2014 in der Poststelle beschäftigt. Ihr monatliches Bruttoentgelt beträgt in der Entgeltgruppe 3 Stufe 3 des Tarifvertrages der Länder derzeit 2.315,74 €. Arbeitsvertraglich ist die Geltung unter anderem des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land N gilt, vereinbart. Vor ihrer Beschäftigung bei dem beklagten Land war die Klägerin bei verschiedenen anderen privaten Arbeitgebern wie folgt beschäftigt:
Juli 1987 bis Juni 1987 Metallbau Firma S & M GmbH L als Bürokauffrau (unmittelbar nach ihrer dort absolvierten Ausbildung)
01.10.1987 bis 31.12.1987 A AG
01.03.1988 bis 31.03.1990 L GmbH & Co. KG
01.04.1990 bis 31.07.2010 D T AG mit zwei kleinen Unterbrechungen.
Unter dem 02.08.2010 stellte das beklagte Land der Klägerin eine Berechnung der für sie maßgeblichen Beschäftigungszeit aus. Die Beschäftigungszeit wurde ab dem 01.08.2010 anerkannt, die davor liegenden Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern wurden nicht berücksichtigt. Mit Schreiben vom 29.07.2014 ließ die Klägerin gegenüber dem beklagten Land unter Androhung die Zahlung eines Jubiläumsgeldes geltend machen unter Hinweis darauf, dass der Ausschuss von Zeiten bei anderen Arbeitgebern im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 05.12.2013 - C 514/12 - unzulässig sei. Das beklagte Land lehnte die Forderung mit Schreiben vom 29.10.2014 ab unter Hinweis darauf, dass die von der Klägerin zitierte EuGH-Entscheidung auf die Frage der Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 34 Abs. 3 TV-L keine Auswirkung habe, da der Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer gleiche Anrechnungsvorschriften vorsehe und eine mittelbare Diskriminierung daher nicht zu sehen sei.
Die in § 34 Abs. 3 TV-L geregelte Beschäftigungszeit hat Auswirkungen auf die tarifvertraglichen Kündigungsfristen, dem tarifvertraglichen Sonderkündigungsschutz (Unkündbarkeit), die Zahlung des Jubiläumsgeldes sowie auf die Dauer des Anspruchs auf Krankengeldzuschuss.
Mit ihrer am 26.06.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihre Vorbeschäftigungszeiten bei den anderen Arbeitgebern als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L gilt. Ferner hat sie die Zahlung des Jubiläumsgeldes in Höhe von 350,00 € brutto begehrt, das gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 a TV-L Beschäftigte bei Vollendung einer Beschäftigungszeit von 25 Jahren erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, einschließlich der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil (Bl. 67 - 75 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH vom 05.12.2013 (C 514/12) weiter der Auffassung ist, § 34 Abs. 3 TV-L sei mit Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492 aus 2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Europäischen Union unvereinbar. Daher seien die bei ihren privaten Vorarbeitgebern zurückgelegten Beschäftigungszeiten als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
- festzustellen, dass die Vorbeschäftigungszeiten der Klägerin bei anderen Arbeitgebern vom 01.07.1986 bis 30.06.1987, vom 01.10.1987 bis 31.12.1987, vom 01.03.1988 bis 31.03.1990, vom 01.04.1990 bis 30.09.2002, vom 01.10.2002 bis 28.02.2005, vom 01.01.2006 bis 31.05.2008 und vom 01.06.2008 bis 30.07.2010 als Beschäftigungszeit im Sinne von § 34 Abs. 3 des Tarifvertrages der Länder gilt;
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 350,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Zur...