Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung bei Alkoholabhängigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein Arbeitnehmer, der trotz wiederholter Abmahnungen mehrfach gegen ein im Betrieb bestehendes Alkoholverbot verstoßen hat, im Zeitpunkt der Kündigung alkoholkrank, so führt dies nicht ohne weiteres dazu, daß eine aus verhaltensbedingten Gründen erklärte Kündigung des Arbeitgebers nunmehr an dem strengeren Maßstab der personenbedingten Kündigung gemessen wird. Vielmehr ist für den Beurteilungsmaßstab im Anschluß an die Rechtsprechung des BAG bei einem sogenannten Mischtatbestand (vergleiche BAG Urteil vom 21.11.1985, 2 AZR 21/85 = NZA 1986, 713) darauf abzustellen, aus welcher Sphäre die primäre Störquelle kommt.
2. Hat der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat die Kündigung ausschließlich auf Vertragsverletzungen trotz Abmahnungen gestützt und hält er auch im Prozeß hieran fest, so ist auch aus kollektivrechtlichen Gründen eine Prüfung der Kündigung als personenbedingt ausgeschlossen.
3. Wiederholte Verstöße des alkoholabhängigen Arbeitnehmers gegen ein betriebliches Alkoholverbot sind nicht in jedem Fall unverschuldet und können an sich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Die Berücksichtigung der bestehenden Abhängigkeit kann allerdings bei der erforderlichen Interessenabwägung zu dem Ergebnis führen, daß die Kündigung sozialwidrig ist.
4. Läßt der Arbeitgeber trotz im Betrieb bestehenden Alkoholverbots zu, daß in der Mittagspause an die Arbeitnehmer in der Kantine alkoholische Getränke verkauft werden, so ist dies ebenfalls im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des von der Kündigung wegen Verstößen gegen das Alkoholverbot betroffenen Arbeitnehmers zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 09.12.1986; Aktenzeichen 16 Ca 3816/86) |
Fundstellen
Haufe-Index 446381 |
RzK, I 5i Nr 27 (L1-4) |
Bibliothek, BAG (LT1-4) |
EzA, Verhaltensbedingte Kündiguung |
EzBAT, Verhaltensbedingte Kündigung |
LAGE, Verhaltensbedingte Kündigung |