Straftat eines Mitarbeiters: So reagieren Arbeitgeber richtig
Immer wieder beschäftigen sich Gerichte mit den unterschiedlichsten Straftaten von Beschäftigten, die diese im Betrieb begehen. Die Unterschlagung von Trinkgeld in Höhe von 165 Euro durch einen Automechaniker hatte "nur" seine Kündigung zur Folge. Der Diebstahl von zwei Weinflaschen der Sorte "Chateau Petrus Pommerol" aus dem hoteleigenen Weinkeller hatte für einen Hotelangestellten noch ganz andere Auswirkungen: Der Arbeitgeber kündigte ihm und verklagte ihn zudem erfolgreich auf Schadensersatz - in diesem Fall auf die Zahlung von fast 40.000 Euro.
Für Straftaten, die Mitarbeitende außerhalb des Arbeitsverhältnisses ausüben, gelten nochmal speziellere Voraussetzungen. Arbeitgeber sollten in allen entsprechenden Fällen zunächst auch eine Abmahnung, ordentliche Kündigung, Verdachtskündigung oder Betriebsbuße in Betracht ziehen.
Straftat eines Mitarbeiters: Am Anfang steht die Abmahnung
Als mildestes Mittel kann der Arbeitgeber bei Straftaten im Betrieb grundsätzlich eine Abmahnung gegen den betroffenen Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin aussprechen. Damit zeigt er, dass er das Verhalten nicht billigt, und droht gleichzeitig mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Fall, dass der oder die Arbeitnehmende das gerügte Verhalten in der Zukunft wiederholt.
Prinzipiell gilt im Kündigungsrecht das Ultima-ratio-Prinzip. Das bedeutet: Bevor der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam aussprechen kann, hat er Arbeitnehmende abzumahnen. Beschäftigten soll dadurch die Chance gegeben werden, ihr Verhalten für die Zukunft zu ändern.
Straftat zulasten des Arbeitgebers: Ordentliche Kündigung
Von diesem Prinzip werden jedoch Ausnahmen zulasten der Arbeitnehmenden gemacht: Ist das Arbeitsverhältnis im Vertrauensbereich so schwer gestört, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens nicht erwartet werden kann, und das Verhalten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin steuerbar war, bedarf es keiner vorherigen Abmahnung.
Das ist häufig bei einem Diebstahl der Fall: Der Arbeitgeber muss eine Straftat zu seinen Lasten nicht dulden und kann direkt mit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung reagieren.
Fristlose Kündigung wegen Straftat: Einzelfallabwägung
Eine Straftat, die sich gegen den Arbeitgeber richtet, kann im Allgemeinen aber auch den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen. Allerdings muss auch hier in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen dem betrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem privaten Interesse des Arbeitnehmenden an der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgen.
Besteht zwischen der Straftat und dem Arbeitsverhältnis kein Zusammenhang, kann eine außerordentliche Kündigung nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich die Straftat konkret auf das Arbeitsverhältnis auswirkt. Dies war aus Sicht des LAG Düsseldorf im Fall eines Labormitarbeiters, der wegen eines versuchten Sprengstoffvergehens verurteilt wurde, nicht gegeben. Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der wegen seiner Beteiligung an einem versuchten Raubüberfall zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war, erklärte das LAG Hessen dagegen für rechtmäßig.
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Vorsicht bei Bagatelldelikten
In jedem Fall ist eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten. So führt zum Beispiel ein Eigentumsdelikt an einer geringwertigen Sache bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis unter Umständen zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung.
So hat etwa das Arbeitsgericht Hamburg entschieden: Die Kündigung einer Krankenschwester wegen acht entwendeter Brötchenhälften nach 23 Dienstjahren war unverhältnismäßig. Der Entlassung hätte zunächst eine Abmahnung als milderes Mittel vorausgehen müssen.
Kündigung bei bloßem Verdacht einer Straftat?
Wie aber soll sich der Arbeitgeber verhalten, wenn noch keine gesicherten Erkenntnisse über die strafbare Handlung vorliegen, er aber den dringenden Verdacht hat, dass eine Straftat begangen wurde? In diesem Fall lässt sich eine Kündigung damit begründen, dass gerade der Verdacht eines vertragswidrigen Verhaltens das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört habe. Auch bei dieser sogenannten Verdachtskündigung gibt es die Möglichkeit, sie ordentlich oder außerordentlich auszusprechen.
In beiden Fällen ist sie allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft: Der Verdacht muss dringend sein und auf objektiven Tatsachen beruhen. Außerdem muss der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben und dem oder der Arbeitnehmenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.
Gegebenenfalls ist auch der Betriebsrat zu beteiligen nach § 102 Abs. 1 und 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Fehlt eine Betriebsratsbeteiligung, kann auch die Kündigung wegen Diebstahls unwirksam sein. Und auch bei der Verdachtskündigung darf die Verhältnismäßigkeit nicht außer Acht gelassen werden.
Unbekannte Alternative: die Betriebsbuße
Sofern der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eine Betriebsbußordnung vereinbart hat, kann er anstelle beziehungsweise neben den anderen Maßnahmen bei der Begehung von Straftaten im Betrieb eine Betriebsbuße verhängen. Durch eine Straftat ist nämlich die betriebliche Ordnung berührt. Als Betriebsbußen kommen üblicherweise die Verwarnung, der Verweis oder eine Geldbuße in Betracht.
Interessenabwägung unverzichtbar
Wie auch immer Arbeitgeber konkret reagieren: Grundsätzlich lassen die Umstände des Einzelfalls kaum pauschale Aussagen zu. Letztlich bedarf es immer einer Interessenabwägung, die die konkreten Vorgänge berücksichtigt und ausreichend bewertet. Zumal Arbeitgeber im Einzelfall auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu berücksichtigen haben.
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