Entscheidungsstichwort (Thema)

Einsichtnahme des Betriebsrats in nicht-anonymisierte Bruttolohn- und -gehaltslisten. Zulässige Datenverarbeitung zum Zweck der Ausübung von Rechten des Betriebsrats. Keine Einschränkung von Betriebsratsrechten durch das Entgelttransparenzgesetz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter müssen dem Betriebsrat nicht anonymisiert zur Einsichtnahme bereitgestellt werden.

2. Datenschutzrechtliche Erwägungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz bzw. nach der Datenschutzgrundverordnung stehen dem Anspruch nicht entgegen. Auch die Vorgaben nach dem Entgelttransparenzgesetz beinhalten keine Einschränkungen des Einsichtsrechts des Betriebsrates nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 2 S. 2; BDSG § 26 Abs. 1 S. 1; DS-GVO Art. 6 Abs. 1c, Art. 4 Ziff. 2; EntgTranspG § 12 Abs. 3, § 13 Abs. 3 S. 1, Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 14.06.2018; Aktenzeichen 2 BV 2/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom 14.06.2018 - 2 BV 2/18 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beteiligten zu 2), dass - unstreitige - Einsichtsrechts des Betriebsrates in die Bruttolohn- und Gehaltslisten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - mit Ausnahme der leitenden Angestellten - in nicht anonymisierter Form zu gewährleisten (Antrag zu Ziffer 1) sowie um das Rechts des Betriebsrates, die Einsichtnahme ohne Anwesenheit von Personen, die von der Arbeitgeberin mit dessen Überwachung beauftragt sind, vorzunehmen (Antrag zu Ziffer 2).

Bei dem Beteiligten zu 1) handelt es sich um den bei der Beteiligten zu 2) gebildeten Gesamtbetriebsrat. Der örtliche Betriebsrat des Betriebes in H. hat am 26.10.2017 beschlossen, den Gesamtbetriebsrat mit der Klärung der oben genannten Fragen zu beauftragen. Ein Betriebsausschuss besteht dort nicht. Die Beteiligte zu 2) betreibt bundesweit zahlreiche Kliniken und Einrichtungen zur Rehabilitation und so u. a. auch die Klinik in H.. Der Sitz der Zentrale der Beteiligten zu 2) befindet sich in A-Stadt. Ein vereinbartes Vergütungssystem besteht bei der Beteiligten zu 2) nicht. Im Rahmen des Einsichtsrechts des Betriebsrates in die Bruttolohn- und Gehaltslisten hat es bundesweit bereits diverse Verfahren gegeben, da die Beteiligte zu 2) lediglich anonymisierte Listen zur Verfügung stellen will. Dies hat sie auch im Hinblick auf den Betrieb in H. angeboten, was jedoch betriebsratsseitig abgelehnt worden ist. Hintergrund der Streitigkeit im Hinblick auf den Antrag zu Ziffer 2 des Beteiligten zu 1) ist die Rechtsauffassung der Beteiligten zu 2), von ihr benannte Personen dürften bei der Einsichtnahme zugegen sein, da diese als Ansprechpartner zur Verfügung stünden und darauf zu achten hätten, dass keine Abschriften erstellt oder gar mit einem Mobiltelefon Fotos gefertigt würden.

Mit Beschluss vom 14.06.2018 hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Beteiligten zu 1) stattgegeben. Die Anträge seien zulässig und begründet. Lediglich die Vorlage anonymisierter Listen über die Bruttolohn- und Gehaltslisten seien nicht ausreichend. Zwar sei der Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 2. HS BetrVG nicht eindeutig. Jedoch sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass lediglich die Vorlage einer anonymisierten Liste nicht ausreichend sei. Dies folge bereits aus der Aufgabenstellung des Betriebsrates nach § 80 Abs. 1 BetrVG. Auch datenschutzrechtliche Gesichtspunkte seien nicht geeignet ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Weder das Bundesdatenschutzgesetz n. F. noch die Datenschutzgrundverordnung seien geeignet das Einsichtsrecht des Betriebsrates auf lediglich die Vorlage von anonymisierten Listen zu reduzieren. Dies gelte ebenso für die Regelungen nach dem Entgelttransparenzgesetz.

Gegen diese am 02.08.2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 16.08.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 2) nebst der - nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung - am 30.10.2018 eingegangenen Beschwerdebegründung.

Die Beteiligte zu 2) hält an ihrer erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Das Arbeitsgericht habe eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze vorgenommen. Insbesondere im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des BAG vom 14.01.2014 (1 ABR 54/12) habe das Arbeitsgericht verkannt, dass diese auf einem vollkommen anderen Sachverhalt beruhe. Vorliegend sei das Einsichtnahmerecht - insoweit unstreitig - zwischen den Betriebsparteien im Gegensatz zu dem Sachverhalt der zitierten Entscheidung des BAG nicht im Streit. Vielmehr gehe es um die Reichweite des Einsichtsrechts des Betriebsrates. Diesbezüglich sei die 2-stufige Vorgehensweise der Beteiligten zu 2) (Stufe 1: Vorlage einer anonymisierten Liste; Stufe 2: Offenlegung der Namen bei Problemerkennung zur Wahrnehmung der betriebsverfassungsrechtliche...

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