Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderbezogener Entgeltbestandteil. Ortszuschlag. Gleichheitsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Anspruch auf Zahlung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen im Ortszuschlag als persönliche Zulage gem. § 22 Abs. 3 Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V), wenn zum Stichtag ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Kindergeld nach §§ 29 B Abs. 3 BAT i.V.m. 62 ff, 32 EStG für ein den Zivildienst ableistendes Kind nicht bestanden hat und dieses Kind zu einem späteren Zeitpunkt nach diesem Stichtag ein Studium aufnimmt.

 

Normenkette

BAT § 29B Abs. 3; EStG §§ 32, 62; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 16.03.2006; Aktenzeichen 3 Ca 2942/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom16.03.2006 – 3 Ca 2942/05 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger kinderbezogene Entgeltbestandteile im Ortzuschlag als persönliche Zulage gem. § 22 Abs. 3 Tarifvertrag Versorgungsbetriebe für dessen Sohn nach Beendigung des Zivildienstes und Aufnahme eines Studiums ab April 2005, längstens für die Dauer von drei Jahren zu bezahlen.

Der am 27. Dezember 1953 geborene Kläger war seit dem 1. April 1980 bei der Stadt A., seit dem Jahr 2000 bei der Beklagten im Angestelltenverhältnis beschäftigt.

Gem. § 2 des Arbeitsvertrages vom 12. Februar 1980 findet der BAT und die diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

Seit dem 1. Januar 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem Tarifvertrag Versorgungsbetriebe vom 5. Oktober 2000 in der ab dem 1. Januar 2003 geltenden Fassung (im folgenden TV-V).

Der Kläger hat einen Sohn P., der am 0.0.1985 geboren wurde und der in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis 31. März 2005 seinen Zivildienst geleistet hat. Für diesen Sohn bezog der Kläger bis zum Beginn des Zivildienstes einen kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag in Höhe von Euro 90,57.

Der Sohn des Klägers nahm nach Leistung seines Zivildienstes im Sommer 2005 ein Studium auf.

Der Kläger macht nunmehr gegenüber der Beklagten den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag als persönliche Zulage seit dem 1. April 2005 gem. § 22 Abs. 3 TV-V geltend.

Der Kläger führt aus, eine am verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz orientierte Auslege der Überleitungsregelung des § 22 Abs. 3 TV-V gebiete es, den Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil nach dem 1. Januar 2005 wieder aufleben zu lassen, wenn ein an sich anspruchsberechtigter Arbeitnehmer vor und nach dem Überleitungsstichtag für einen Angehörigen anspruchsberechtigt gewesen sei. Es stelle eine verfassungswidrige Benachteiligung dar, wenn ihm wegen des nicht beeinflussbaren Zivildienstes zum Stichtag der Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil versagt werde.

Der Kläger stellte erstinstanzlich den Antrag:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den kindergeldbezogenen Entgeltbestandteil (Ortszuschlag) für dessen Sohn P., geb. 0.0.1985, während dessen Studium gem. § 22 Abs. 3 TV-V ab April 2005 fortlaufend zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die Überleitungsregelung in § 22 Abs. 3 TV-V. Beim Kläger hätten zum Stichtag am 1. Januar 2005 die Voraussetzungen für einen kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag für seinen zivildienstleistenden Sohn nicht vorgelegen. Dieser Anspruch lebe nach Beendigung des Zivildienstes und Aufnahme eines Studiums auch nicht (wieder) auf. Der TV-V sehe solche Leistungen nicht vor. Der Gleichheitssatz werde durch diese Stichtagsregelung auch nicht verletzt. Der TV-V stelle sich primär als leistungsbezogener Tarifvertrag dar: anders als beim BAT-BMT-G stehe das Versorgungsprinzip nicht mehr im Vordergrund. Die Tarifvertragsparteien hätten mit der Stichtagsregelung die Überleitung von kinderbezogenen Entgeltbestandteilen lediglich zu den konkret feststellbaren Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Überleitung vornehmen wollen. Damit sollte für beide Seiten eine praktikable und rechtssichere Lösung geschaffen werden. Es komme daher nicht darauf an, aus welchen Gründen der Ortszuschlag nach BAT-BMT-G vor dem Überleitungsstichtag entfallen sei. Eine Stichtagsregelung bringe gewisse Härten zwangsläufig mit sich, die nicht zu vermeiden seien. Im Übrigen werde die Ungleichbehandlung nicht durch die Überleitungsregelung, sondern durch die Einberufungspraxis des Bundesamts für den Zivildienst herbeigeführt.

Der Kläger beruft sich auf entsprechende Überleitungsregelungen bei der Deutschen Bahn, die sehr wohl auf den Grundwehr- bzw. Zivildienst Rücksicht nähmen. Dazu bestehe auch die individuelle Möglichkeit eines Ausgleichs bei Benachteiligungen.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 16. März 2006 die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf den ...

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