Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist;. unkündbarer Angestellter nach §§ 53, 55 BAT
Leitsatz (amtlich)
1. Es bleibt offen, ob bei Schließung einer Musikschule einer Gemeindeverwaltung die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist eines nach §§ 53, 55 BAT unkündbaren Angestellten zugelassen werden muss.
2. Jedenfalls hat die Gemeindeverwaltung aufgrund des Ausnahmecharakters einer solchen Kündigung auch andere geeignete Arbeitsplätze frei zu kündigen, sofern dieses zumutbar ist.
Ferner hat sie die Bemühungen gemäß §§ 3, 4 des Tarifvertrags über den Rationalisierungsschutz vor Ausspruch der Kündigung vorzunehmen und im Verfähren darzustellen, weshalb dieses letztlich gescheitert ist.
Normenkette
BAT §§ 53, 55; BGB § 626; TV Rationalisierungsschutz für Angestellte §§ 3-4
Verfahrensgang
ArbG Lingen (Entscheidung vom 16.11.2000; Aktenzeichen 1 Ca 156/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 16.11.2000, Az. 1 Ca 156/00, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen eine außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2000, die mit einer Auslauffrist bis zum 30.09.2000 ausgesprochen worden ist.
Der am … geborene Kläger war zunächst bei dem Zweckverband „Musikschule B. und S.” in B. seit dem 01.12.1980 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 11.03.1981 (Blatt 271/272 d. A.) beschäftigt. Mit Arbeitsvertrag vom 16.07.1985 vereinbarten der Kläger und der Zweckverband sodann, dass der Kläger ab 01.09.1985 mit 21/28 Unterrichtsstunden wöchentlich als Musiklehrer für die Musikschule B. und S. eingestellt wird. Gemäß § 2 dieses Arbeitsvertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1991 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Wegen des Inhalts dieses Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf diesen (Blatt 273/274 d. A.) verwiesen. Zwischen dem Zweckverband und dem Kläger wurde sodann am 01.04.1993 vereinbart, dass der Kläger mit Wirkung ab 01.04.1993 die ständige Vertretung der Leiterin/des Leiters der Musikschule (stellvertretender Schulleiter) übernimmt. Die regelmäßige Arbeitszeit wurde mit 36,5 Stunden wöchentlich festgelegt, wobei von 23 Unterrichtsstunden und 7 Zeitstunden zur Wahrnehmung der Funktion des stellvertretenden Schulleiters ausgegangen wurde. Wegen des Inhalts dieser Vereinbarung wird auf diese (Blatt 49 d. A.) verwiesen.
Die Musikschule wurde seit 1974 in der Form des Zweckverbandes geführt, wobei Träger die Stadt B. und die Samtgemeinde S. waren. Die Musikschule erwirtschaftete ein Defizit, so dass Mitte der neunziger Jahre der Zwang zur Haushaltskonsolidierung sowohl in S. als auch in B. spürbar wurde, so dass die Musikschule aufgefordert wurde, ihre Kosten zu senken. Im Sommer 1997 wurde der Musikschulbetrieb einer Untersuchung durch den Landesverband Niedersächsischer Musikschulen unterzogen. Nennenswerte Einsparmöglichkeiten konnten jedoch nicht aufgezeigt werden. Im November 1997 wurde Verbindung zu einem privaten Musikschulanbieter aufgenommen, der sich zunächst zur Übernahme bereit erklärte. Zwischen den beiden Trägern des Zweckverbandes konnte jedoch eine Einigkeit über die Privatisierung nicht erzielt werden, so dass der Schule im Rahmen des Zweckverbandes noch eine Chance gegeben wurde. Ab November 1998 wurde die/der Schulleiter/in abgelöst und die Leitung drei Personen übertragen, darunter dem Kläger, wobei der Kläger als Leiter und Geschäftsführer des Zweckverbandes fungierte. Insoweit wurde der Kläger bis 19.05.1999 tätig. Eine Konsolidierung konnte auch insoweit nicht erzielt werden, so dass die drei vollbeschäftigten Musiklehrer und der Kläger nicht vollständig ausgelastet waren. So gab der Kläger im Oktober 1999 10,66 Wochenstunden Unterricht, wurde aber für 23 Wochenstunden bezahlt.
Daraufhin wurden die Verhandlungen mit dem privaten Betreiber wieder aufgenommen, der jedoch nicht mehr bereit war, zu den bisher ausgehandelten Bedingungen die Musikschule zu übernehmen. Daraufhin wurde mit den vier unkündbaren und vollbeschäftigten bzw. fast vollbeschäftigten Musiklehrern am 17.11.1999 ein Gespräch geführt. Die Beklagte fasste den Inhalt dieses Gesprächs mit Schreiben vom 18.11.1999 zusammen. Hierauf wird verwiesen (Blatt 95/96 d. A.).
Mit Schreiben vom 26.11.1999 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass die vertragliche Stundenzahl sofort angehoben werden würde, sobald sich mehr Schüler für das Fach „Trompete” interessierten. Der Kläger hat weder auf das Schreiben vom 18.11.1999 noch auf das Schreiben vom 26.11.1999 reagiert.
Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Musikschule B. und S. hat in ihrer Sitzung vom 16.12.1999 die Auflösung des Zweckverbandes mit Ablauf des 31.12.1999 beschlossen. Auf Grund einer insoweit getroffenen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Stadt B. und der Samtgem...