Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird von einer beim Freistaat Bayern beschäftigten Mitarbeiterin eine Kündigungsschutzklage gegen die „Regierung von Unterfranken”, die als Vertretungsbehörde die Kündigung ausgesprochen hat, gerichtet, ist die Klage zu berichtigen. Ein Parteiwechsel findet nicht statt.
2. Eine „demnächstige” Zustellung der Klage im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO liegt auch dann noch vor, wenn die Klage erst nach zwei Monaten zugestellt werden kann, der Klagepartei aber nur eine Verspätung im Umfang von elf Tagen angelastet werden kann.
3. Hat das Erstgericht zu Unrecht eine Verspätung der Klagefrist des § 4 KSchG angenommen und den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen, ist vom Beschwerdegericht die Entscheidung aufzuheben und festzustellen, dass die Kündigungsschutzklage rechtzeitig erhoben worden ist.
Normenkette
KSchG § 5; ZPO § 270 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 24.07.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2147/00) |
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 24.07.2001 – Az. 2 Ca 2147/00 – wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegen die vom Beklagten ausgesprochenen Kündigungen vom 25.09.2000 rechtzeitig Kündigungsschutzklagen erhoben hat.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Fragen, ob die am 28.12.2000 an den Beklagten erfolgte Zustellung der Kündigungsschutzklagen der Klägerin vom 11.10.2000 gegen die Kündigungen vom 25.09.2000, der Klägerin am 26.09.2000 zugegangen, als „demnächst” im Sinn des § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen ist bzw. ob die Klagen auf den Hilfsantrag der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zuzulassen sind.
Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 24.07.2001 – der Klägerin am 21.08.2001 zugestellt – eine Versäumung der Klagefrist des § 4 KSchG angenommen und wegen Verschuldens der Klägerin an der Versäumung der Klagefrist den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klagen zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.08.2001, beim Arbeitsgericht Würzburg am 03.09.2001 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Wegen des Vorbringens der Parteien in der Beschwerdeinstanz wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
A. Über die sofortige Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden entschieden werden (KR-Friedrich, 5. Aufl., Anm. 151 zu § 5 KSchG; Germelmann-Matthes-Prütting, ArbGG-Komm., 3. Aufl., Anm. 13 zu § 78).
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG, 577 ZPO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 577 Abs. 2 ZPO).
B. Die Beschwerde ist auch begründet.
1. Mit dem den Antrag auf nachträgliche Zulassung zurückweisenden Beschluss hat das Erstgericht auch entschieden, dass die Kündigungsschutzklagen verspätet erhoben worden sind. Da die Entscheidung, eine Versäumung der Klagefrist liege vor, bei Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung eine Bindungswirkung (§ 318 ZPO entsprechend) für das Hauptsacheverfahren entfalten würde (h.M., z. B. BAG, DB 84, 1835; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 136 II 4), ist die Entscheidung bei fehlender Versäumung schon deshalb aufzuheben.
2. Eine Verspätung der Klageerhebung liegt nicht vor.
a) Da die Klägerin – unstreitig – unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt und die Klägerin das Fehlen eines ausreichenden Grundes für die außerordentliche und ordentliche Kündigung vom 11.10.2000 rügt, hat sie Kündigungsschutzklagen binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung zu erheben (§§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG), um die Fiktionswirkung des § 7 KSchG, wonach die Kündigung als wirksam angesehen wird, zu vermeiden. Die Klageerhebung erfolgt durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO).
b) Die Zustellung der Klageschrift erfolgte am 28.12.2000.
Das Arbeitsgericht hat am 16.10.2000 und 06.12.2000 die Klageschrift zum Zwecke der. Zustellung an „die beklagte Partei” zusammen mit einem vorbereiteten Empfangsbekenntnis gemäß § 212 a ZPO übersandt. „Die Zustellung nach § 212 a ZPO setzt voraus, dass der Empfänger persönlich Kenntnis von seinem Gewahrsam an dem zuzustellenden Schriftstück erhalten hat und durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses den Willen äußert, das Schriftstück als zugestellt anzunehmen … Unerlässlich ist, dass der Empfänger einen schriftlichen Zustellungsnachweis ausstellt. Der bloße Nachweis des Zugangs ersetzt ein solches Empfangsbekenntnis nicht … Wird die Ausstellung eines schriftlichen Empfangsbekenntnisses verweigert, kann die Zustellung nur auf andere Art und Weise, insbesondere durch die Post oder den Gerichtsvollzieher erfolgen” (BAG, Beschluss vom 02.12.1994, Az. 4 AZB 17/94 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH). „Selbst wenn der Empfänger jegliche Mitwirkung bei der Zustellung nach § 212 a ZPO verweigert, bleibt dies prozessual folgenlos” (BAG, a.a.O. unter Verweis auf Zöller/Stöber, ZPO-Komm., 18. Aufl., Rdnr. 7 z...